Porträt von Grace
Porträt von Grace
Familienporträt der Familie von Grace
Familienporträt der Familie von Grace
Eine der Aufnahmen von Grace, die sie mit einer Einwegkamera aufgenommen hat.
Eine der Aufnahmen von Grace, die sie mit einer Einwegkamera aufgenommen hat.
Porträt von Josua
Porträt von Josua
Familienporträt der Familie von Josua
Familienporträt der Familie von Josua
Eine der Aufnahmen von Josua, die er mit einer Einwegkamera aufgenommen hat.
Eine der Aufnahmen von Josua, die er mit einer Einwegkamera aufgenommen hat.
2013

Same same – but different. Ein serielles Porträt von Familien in Kenia

Gestaltung

Anna Damm

Pate

Sarah Hüttenberend

Kategorie

ah und oh

vorgeschlagen am

7. März 2013

Plädoyer

Darstellungen von dunkelhäutigen Menschen kennen wir entweder im Kontext von Spendenaufrufen oder als Betonung von leidenschaftlichem Temperament. Armut und Tanz – das europäische Bild von Afrikanern scheint selbst in unserer aufgeklärten Zeit die unzähligen Nuancen dazwischen zu meiden. Bin ich überhaupt fähig, einem Dunkelhäutigen neutral zu begegnen? Ich weiß es nicht.

Auch Anna Damm war sich unsicher, ob sie sich mit ihrer fotografischen Arbeit »same same – but different« von ihren europäischen Vorurteilen lösen kann. Ihre Arbeit ist ein Versuch, afrikanischen Kindern und ihren Familien unvoreingenommen zu begegnen. Fast noch wichtiger war es ihr, mit ihrer Arbeit den Menschen in Deutschland einen neuen Blickwinkel aufzuzeigen.

Was mich neben der künstlerisch eindrucksvollen Bildreihe und den intimen Einblicken in afrikanische Familien jedoch vor allem beeindruckte, war der Mut der Fotografin. Anna Damm gesteht sich mit dieser Arbeit ihre eigene Unzulänglichkeit ein, sich vollkommen von ihrem europäischen Kontext loslösen zu können. So lange man sich auch mit einer fremden Kultur beschäftigt, so vertraut sie einem ist, man wird sie immer mit anderen Augen sehen, als diejenigen, die mit ihr aufgewachsen sind.

Anna Damm hat diese Erkenntnis genutzt, um ihr Projekt konsequent einen Schritt weiterzubringen als jede fotografische Arbeit, die ich bisher gesehen habe: Sie hat afrikanische Kinder selber fotografieren lassen. Auf diese Weise wird jedes Familienporträt mit intimen Eindrücken aus der Sicht der Kinder ergänzt. Der Betrachter bekommt so die einmalige Möglichkeit, nicht nur einen Blick auf, sondern tatsächlich in afrikanische Familien zu wagen.

Die Arbeit selbst habe ich auf der Abschluss-Ausstellung der Designer der Fachhochschule Münster entdeckt. Umso beeindruckender ist es, dass der Fotografin bereits mit ihrer Abschlussarbeit ein solches Werk gelungen ist.

Jeder, der wie ich das Glück hatte, die Bilder erforschen zu dürfen, verweilt – zum Nachdenken angeregt. Die Frage nach Unterschieden oder vielleicht auch Gemeinsamkeiten zum eigenen Leben bleibt dabei schließlich jedem Einzelnen überlassen.

Beschreibung

Um einen Einblick in die kenianische Gesellschaft zu erhalten, porträtierte ich im Herbst 2011 elf Familien in Mombasa. In einem Land, in dem es kaum staatliche Sozialleistungen gibt, ist die Familie weit mehr als nur Verwandtschaft. Sie stellt die kleinste Einheit einer Gesellschaft dar, die als Kindergarten, Altersvorsorge und Lebensgemeinschaft fungiert.

Mein Anliegen war es, nicht die stereotypische, europäische Vorstellung der afrikanischen Bevölkerung zu zeigen, sondern ein unvoreingenommenes Porträt zu schaffen – Bilder, die nicht allein Auskunft über die jeweilige Situation der Abgebildeten geben, sondern zeitgeschichtlich relevante und künstlerische Botschaften über das Entstehen und Verändern von Lebenssituationen und Beziehungen vermitteln.

Die Anfertigung von Familienporträts ist seit Jahrhunderten eine gängige Praxis und lässt sich weit vor die Erfindung der Fotografie zurückverfolgen. In der Malerei des 17. Jahrhunderts hatte das Familienporträt, in dem sich individuelle, wie allgemein gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Gegebenheiten spiegeln, seinen Höhepunkt. Mit Erfindung der Fotografie erlebte die Porträtierung von Familien einen neuen Aufschwung, da sich die breite Masse eine solche Anfertigung leisten konnte. Trotz des wahrhaftigen und realitätsabbildenden Charakters von Fotografie, verströmen Familienbilder oft auch den Eindruck von etwas Inszeniertem, etwas Unwahrem. Sie zeigen in der Regel ausschließlich in lächelnder Inszenierung die positiven Seiten des Beziehungskonstrukts »Familie«. Die Schattenseiten lassen sich hinter den lachenden Gesichtern nur erahnen. Das liegt vor allem an dem Entstehungsprozess der Aufnahmen. Wir steigen kurz aus dem Alltagsleben aus und stellen uns einen Moment lächelnd vor die Kamera. Es herrscht ein fast universeller Kodex, jeder Beteiligte nimmt seine Position, seine Haltung und sein Lächeln ein. Aber ein Familienbild bringt auch das wahre, zusammenhaltende Gefüge einer Familie zum Ausdruck. Ein Bild, das eine Vertrautheit und ein Wechselspiel des Gebens und Nehmens aufzeigt und in der jede Person um ihren wichtigen Platz weiß.

Da ich mich entschieden habe, die Familien als kleinste Einheit einer Gesellschaft und somit als Repräsentantinnen der Gesellschaft Kenias zu zeigen, musste ich dafür eine geeignete Bildsprache entwickeln. Eine, der meine drei Kernpunkte zugrunde liegen:



● keine stereotypischen Armutsdarstellungen

● eine unvoreingenommene Fotografie
● Authentizität



In meinen abgebildeten Familienbildern entsteht durch die Inthronisierung des Kindes im Mittelpunkt des Bildes, im Gegensatz zur Betrachtung von klassischen Familienporträts, ein Durchbrechen der üblichen Sehgewohnheiten. Mit einer großen Einfachheit entwickelt sich dadurch eine eigenständige Bildsprache.

Neben den Familienporträts beinhaltet das Projekt eine Fotoschule, die ich mit den Kindern der jeweiligen Familien durchführte. Mittels Einwegkameras wurde den Kindern die Möglichkeit gegeben, die Welt aus ihrer Perspektive zu fotografieren. Somit entsteht ein Wechselspiel aus den europäisch geprägten, dokumentarischen Familienporträts und den subjektiven, unbefangenen Bildern der Kinder. Da ich die Einwegkameras vor Ort entwickeln ließ, wurden die bunten Rahmen landesüblich hinzugefügt. Somit wird der Bilderzyklus geschlossen – Fotograf, Motiv und Entwicklung auf kenianisch.
Der symbolische Aspekt, die Gleichstellung von Betrachter und Abgebildeten, war mir hierbei besonders wichtig. Ein weiterer gewünschter Effekt ist die dadurch resultierende »Greifbarkeit« und Nähe, die entsteht. Um die authentische Linie der bisherigen Gestaltungselemente fortzuführen, habe ich mich dafür entschieden, nach Möglichkeit mit dem Tageslicht oder vorgefundener, künstlicher Beleuchtung zu arbeiten. Nur in wenigen Fällen, wenn die natürliche Lichtquelle nicht ausreichte, hellte ich mit einem Blitzlicht auf. Um die vorgefundene Umgebung möglichst unverfälscht wiederzugeben, verzichtete ich auf eine Manipulation in der Farbgebung. Auch entschied ich mich dagegen, die Bilder in Graustufen umzuwandeln. Schwarzweiß-Fotografien erwecken schnell den Anschein, die Vergangenheit abzubilden und werden häufig als nicht zeitgemäß empfunden. Doch dies würde meiner Aussage, das Leben der kenianischen Familien so zu zeigen, wie es heute ist, widersprechen.

Details

Entstehungsjahr

2012

realisiert

weitere Angaben

Elf Familienporträts, die Originalfotos der Schulkinder,
Porträts der Kinder, sowie ein Ausstellungskatalog.

Maße:
30 cm x 40 cm
10 cm x 15 cm (Bilder der Kinder)

Material:
mattes Fotopapier

initiiert von

Beteiligte

Schlagwörter

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