Buchcover
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»Später nannten wir es die Zeit des Zweifels«, S. 6
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»Flip Flop«, S. 26
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»Das alte E-Werk«, S. 32
»Das alte E-Werk«, S. 32
»Insomnia«, S. 59
»Insomnia«, S. 59
2013

»Das große Rauschen« – ein Artcomic zur Hauptstadt

Gestaltung

Dieter Jüdt

Pate

Claudia Pomowski

Kategorie

Begleiterscheinung

vorgeschlagen am

11. August 2013

Plädoyer

Ich hege eine große Leidenschaft für Bücher. Aufwendig gestaltet, lösen sie in mir eine Art Sinnesrausch aus. Es sind Bücher, die man sehen, fühlen, lesen, genießen und auch besitzen möchte, damit sich dieses Empfinden so oft wie möglich wiederholen kann.

Um dem allgemeinen Gerücht vom Sterben des Buchmarktes oder vom Verschwinden neuer, kunstvoller Buchveröffentlichungen zu trotzen, möchte ich auf ein 2012 erschienenes, ästhetisch sehr ansprechendes Buch aufmerksam machen.

Die Graphic Novel »Das große Rauschen« erzählt auf 68 Seiten in 50 Episoden aus dem Alltag Berliner Passanten. Der Inhalt stimmt nachdenklich. Welche Spuren hinterlassen wir? Liegt der schönste Tag unseres Lebens schon hinter uns? Was wurde aus den Menschen, die uns einst wichtig waren? Die vielen Kurzgeschichten handeln vom Alleinsein in der Großstadt, von Sommersprossen, Steppengras, Hunderegen, der Schönhauser Allee, Weißensee, der Nacht … und stellen in einer sensiblen Wort- und Bildsprache die große Frage nach dem Sinn des Lebens.

Im Zentrum von »Das große Rauschen« liegt die Zeichnung, die Visualisierung des Textes durch Dieter Jüdt. Sein gekonnter, erzählerischer Strich ist eine wunderbare Einladung, sich mit den poetischen Gedanken von Verena Postweiler über Berlin auseinanderzusetzen. Jüdt ist ein Könner in seinem Metier. Der für ihn typische lineare Duktus, gepaart mit grafischen Elementen, lässt die erzählten Episoden, die poetischen Momentaufnahmen aktuell wirken. Seine Figuren laden den Leser ein, sich mit ihnen zu identifizieren.

Dieter Jüdt ist ein Vielzeichner, einer, der die Hauptstadt beobachtet und uns mit seinen Zeichnungen zum Miterleben einlädt, uns mit seinem Blick sehen lässt. So wirken die Zeichnungen authentisch und Text und Bild werden in einem herrlich gebundenen Buch zur Einheit. Das extreme Querformat erfordert ein langsames Lesen und Schauen, ein behutsames Blättern der Seiten. Das Buch ist zweifarbig in schwarz und orange gestaltet und gedruckt – ein reizvolle Wechselspiel der Farben, welches sich vom Cover über den Innenteil konsequent durchzieht. Liebevolle Details wie das schwarze Vorsatzpapier, die Prägung auf Halbleinen und das orangefarbene Kapitalbändchen ergänzen die wertvolle Anmutung. Zusätzlich wurden zwei Bildmotive als prachtvolle Siebdrucke in zwei Echtfarben (Schwarz und Orange) in einer Auflage von 25 Stück gedruckt.

Dieser »Art-Comic« ist ein sehens- und lesenswertes Produkt des Verlaghauses J. Frank, Berlin. Ein Sammlerstück für Liebhaber der Buchkunst und solche, die es werden wollen.

Beschreibung

Verena Postweilers (Texte) und mein (Zeichnungen) Anliegen ist es, das Motiv der »Stadt« mit den Mitteln des Comics zu behandeln. Bewusst wählten wir für »Das große Rauschen« eine Frühform des Mediums, die »Comic-Strips«. Eine wiederkehrende gestalterische Konstante (vier gleich große Panels pro Seite) bilden so Bühne und gleichzeitig ruhigen Gegenpol für die von Dynamik und Unstetigkeit geprägten Erzählungen aus dem Alltag der Metropole.

Jede Story in »Das große Rauschen« ist dabei in sich abgeschlossen. Es gibt auch keine wiederkehrenden Hauptfiguren, wobei wir im Laufe der Arbeit an dem Buch dazu neigten, gewisse »starke« Protagonisten dann doch öfter auftreten zu lassen. Die Erzählungen sind, wie ihre Charaktere, teils real, teils fiktiv. Dennoch erscheinen uns die fiktiven Episoden angesichts des täglichen Lebens in der Stadt nicht weniger real. Hintergründe und Architektur basieren auf real existierenden Vorbildern, so steht beispielsweise »Das alte E-Werk« tatsächlich in der Kopenhagener Straße in Berlin.

Kommt man neu nach Berlin (der Name der Stadt wird im Buch nicht erwähnt), realisiert man schnell, dass die Stadt kein homogenes Ganzes ist, sondern aus lauter Einzelteilen besteht. Sie splittet sich auf in West und Ost, in Kieze, Szenen, Netzwerke. Und wie sich die Stadt im noch Kleineren zusammensetzt aus unendlich vielen Individuen, Einzelschicksalen und ihren Geschichten, unterliegt auch »Das große Rauschen« diesem mosaikartigen Muster. Viele einzelne kleine Momentaufnahmen, kurze Stories ergeben das immer bruchstückhaft bleibende Bild einer Stadt (und ihrer Menschen).

Spannend blieb in der Entstehung von »Das große Rauschen« auch stets die Interaktion zwischen Verena Postweiler als Autorin und mir als Zeichner. Ideen und Inspirationen spielten wir – wie beim Ping Pong – hin und her, blockten sie auch gelegentlich ab, schnitten sie an oder versahen sie mit neuem »Drall«. Der Entstehungsprozess dauerte über drei Jahre. Unser kontinuierlicher Austausch war für beide ein interessanter Lernprozess, denn es gibt ja in künstlerischen Kooperationen immer den Zeitpunkt, an dem man die eigene Idee und Arbeit vertrauensvoll aber unweigerlich aus der Hand geben muss …

Details

Entstehungsjahr

2012

realisiert

weitere Angaben

Format:
35 x 14 cm

Drucktechnik:
Digitaldruck

Papier:
Bio Top next cream 120 g/m², 1,3-faches Volumen

Bindung:
Hardcover, Halbleinen

Veredelung:
Prägung

Umfang:
68 Seiten

Auflage:
300

Handlettering

Erschienen als Quartheft 37 in der Edition Panopticon im Verlagshaus J.Frank | Berlin

Zur Publikation erschienen beim Verlag zwei Siebdrucke im Format 90 x 35 cm, gedruckt von Olli Nerlich, Berlin, auf 250 g Canson Papier, in Orange und Schwarz, Auflage je 25

initiiert von

Beteiligte

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