Ebene 1 (herausnehmbar)
Ebene 1 (herausnehmbar)
Ebene 2 (herausnehmbar)
Ebene 2 (herausnehmbar)
Gravur im Kistendeckel
Gravur im Kistendeckel
Verkehrer. Kreuzt eine schwarze Katze den Weg von links, bringt das Unglück. Man braucht einen Verkehrer (der die Katze von rechts kommen lässt).
Verkehrer. Kreuzt eine schwarze Katze den Weg von links, bringt das Unglück. Man braucht einen Verkehrer (der die Katze von rechts kommen lässt).
Salzbremse. Salz verschütten bringt Unglück. Man braucht eine Salzbremse (aus der das Salz nicht so schnell entwischen kann).
Salzbremse. Salz verschütten bringt Unglück. Man braucht eine Salzbremse (aus der das Salz nicht so schnell entwischen kann).
Klirrkiste. Das Klirren von Porzellanscherben vertreibt Dämonen. Man braucht eine Klirrkiste (die ein Klirrgeräusch verursacht).
Klirrkiste. Das Klirren von Porzellanscherben vertreibt Dämonen. Man braucht eine Klirrkiste (die ein Klirrgeräusch verursacht).
Neutralisierer. Glasscherben bringen Unglück, Porzellanscherben bringen Glück. Ein Glas geht kaputt. Man braucht einen Neutralisierer (den man hinterherwirft).
Neutralisierer. Glasscherben bringen Unglück, Porzellanscherben bringen Glück. Ein Glas geht kaputt. Man braucht einen Neutralisierer (den man hinterherwirft).
2013

AUTEMETUA oder: Schwarze Katzen von links spiegelverkehrt ohne Scherben

Gestaltung

Eva Gräbeldinger

Pate

Florentine Heimbucher

Kategorie

ah und oh

vorgeschlagen am

12. Mai 2013

Plädoyer

Endlich: Erfindungen zur Vermeidung von Unglück und zur Förderung des Glücks im Aberglauben.

Worum es bei dieser Arbeit geht

Unser Alltag ist geprägt von Unsicherheiten, die Welt voller Ungewissheit. Wäre es da nicht hilfreich, einfach ein bisschen abergläubisch zu sein und sich so die fehlende Sicherheit zu geben?

Auf den ersten Blick eine einfache Lösung, doch fängt der Aberglaube erst einmal an, dann ist nicht nur das Glück greifbarer, nein, auch das Unglück lauert hinter jeder Ecke. Und was machst Du dann, wenn beim Anstoßen Dein Blick in die Augen Deines Gegenübers unterbrochen wird, wenn Du den Salzstreuer umstößt oder Dir – noch schlimmer – eine schwarze Katze von links über den Weg läuft? Dann ist der Aberglaube kein Hilfsmittel im Kampf gegen die Unsicherheit mehr, er fängt an, Dich zu quälen und bestraft Dich mit zusätzlichen Gefahren, die auf Dich lauern.

Doch glücklicherweise gibt es jetzt eine Kiste. Eine Kiste voller rebellierender Objekte, die den Aberglauben austricksen, verwirren und ihn nur noch in eine Richtung leiten – in die Richtung des Glücks, weg vom Unglück. 28 Objekte, die helfen, sich gegen die Kräfte des Unglücks zu wehren. Da gibt es den »Augenkontakt-Anzug«, der garantiert, dass man sich beim Anstoßen gegenseitig in die Augen sieht, den »Verkehrer«, der die Katze statt von links von rechts kommen lässt. Aber es gibt nicht nur Objekte, die Unglücksquellen neutralisieren, sondern auch Objekte, die dem Glück ein wenig auf die Sprünge helfen. Der »Jucker« lässt zum Beispiel Deine linke Hand jucken, was bedeutet, dass bald ein Geldsegen eintreffen wird.

Wieso die Arbeit so toll ist

Seit langem (oder vielleicht auch noch nie?) habe ich keine so ausgeklügelte, spannende, gleichzeitig humorvolle und durchdachte Arbeit mehr gesehen. Nur eine Auflistung von überschwellenden, lobenden Adjektiven? Jeder, der sich genauer mit dieser Arbeit befasst, wird mir wohl zustimmen, dass das nicht so ist. Warum also halte ich die Arbeit für so ausgeklügelt und durchdacht? Um nur ein Beispiel zu geben: schon allein der Name »AUTEMETUA« setzt sich zusammen aus den Worten »AUTEM« + »METU« + »A« (lateinisch: »Aber aus Angst vor …«), gleichzeitig ist das Ganze aber auch noch ein Palindrom – es lässt sich also von vorn und von hinten lesen. Man kann sich sicher sein, dass bei der Gestaltung der Kiste, der einzelnen Objekte, der Symbole und dem gesamten Rest nichts dem Zufall überlassen wurde. Spannend finde ich die Arbeit, weil der Aberglaube kein Produkt der Gegenwart ist, sondern weit in die Geschichte der Menschheit zurückreicht und wohl auch noch unsere Nachfahren beschäftigen wird. Und auch, weil man sofort wissen möchte, was sich hinter Namen wie beispielsweise »Bespucker«, »Holzklopfklopfholz« oder »Tischarm« verbirgt.

Ich habe die Kiste voll mit diesen aufwendig hergestellten Objekten bei einer Austellung gesehen, immer umringt von einer Menschentraube, die sich über den »Potenzschlüpfer« amüsierten und voller Neugierde die Bedeutung eines jeden Objektes erfahren wollten.

Immer noch nicht überzeugt? Tja, dann pfeif doch das nächste Mal, wenn wenn Du auf einem Schiff bist und schau was passiert, ohne einen »Pfeifenstopfer« bei dir zu haben …

Beschreibung

Das Projekt ist in erster Linie ein Statement (gegen die schlechten Seiten des Aberglaubens), also so etwas wie eine dreidimensionale Aussage. Zu Beginn sollte es ein Notfallkoffer werden, den man mit sich herumtragen kann. Aber während des Projekts wurde es (absichtlich) zu einer Art Schatztruhe, zu einem heiligen Aufbewahrungsort für alle möglichen »Autems«.

Meine Ausgangsfaszination galt eigentlich dem Alltagsritual, vor allem Situationen, in denen man ein tägliches Ritual aus irgendeinem Grund nicht vollziehen kann. Viele Menschen verzweifeln regelrecht daran. Neurose oder Aberglaube? Ich entschied mich, in Richtung Aberglauben weiter zu forschen. Es sollte eine Arbeit werden, mit der ich spielen kann, bei der ich so richtig toben und möglichst viele Disziplinen vereinen kann. Letztendlich beinhaltete die Arbeit schreiben, konzipieren, illustrieren, basteln, bauen, rumspinnen, nähen, gießen, ins Lateinische übersetzen, hämmern, schnitzen, modellieren, ein Logo gestalten, Layout, Symbole, Formen- und Bildsprache entwickeln. Ich las viele Bücher und befragte viele Leute zu allgemeinen und selbsterfundenen abergläubischen Regeln. Währenddessen wurde ich immer wütender, da der Aberglaube viel mehr Unsicherheit als Sicherheit vermittelt. Deshalb stellte ich mir die Aufgabe, das Unglück im Aberglauben bekämpfbar zu machen. Ich erfand Mittel, die es bisher noch nicht gab, die das Hintertürchen im Regelkatalog finden und dort fröhlich hinausspazieren. Die von mir entwickelten Mittel geben Sicherheit und rufen das Glück hervor.

Diese Mittel, genannt »Autems«, sind in einer Kiste aufbewahrt. Eine illustrierte und detaillierte Anleitung erläutert die Bedienung jedes Gegenstandes. Alles sollte einen mystischen, an frühere Artefakte des Aberglaubens angelehnten, aber auch einen alchemistischen, etwas verrückten, besessenen und forschungsbetonten Charakter haben.

So entstanden allerhand Objekte, wie zum Beispiel das Holzklopfklopfholz. Wenn man etwas verschrieen hat, soll man drei mal auf Holz klopfen. Was aber, wenn kein Holz in der Nähe ist? Das Holzklopfklopfholz kann man immer dabeihaben. Es ist handlich und aus reinstem Eichenholz, immer bereit, geklopft zu werden. Wer keine böse Schwiegermutter bekommen möchte, sollte den Tischarm verwenden, denn am Tischbein zu sitzen bringt derartiges Unglück. Mit Hilfe dieses Objektes lässt sich das Tischbein in einen Tischarm verwandeln. Sollte jemand seinen Teller nicht ganz leer essen können, weil er schon früher satt ist, kann er dem Schlechtwetter-Risiko wie folgt entgehen: man nehme den Aufess-Apparat zur Hand und lasse ihn die Arbeit des Aufessens verrichten. Dann sollte die Sonne schön scheinen können.

Das Projekt und die Methoden, die in dieser Kiste stecken, tragen den Namen »AUTEMETUA«. Die wesentlichen Satzfragmente meines Themas sind für mich »aber ich glaube« und »aber aus Angst vor« oder einfach nur »aber«. Diese beschreiben das Wesen der meisten mir bekannten abergläubischen Menschen sehr treffend. Da ich viele lateinische Zaubersprüche gedichtet und in die Anleitung integriert hatte, sollte sich die mystische, alchemistische und wissenschaftliche Anmutung auch in der Namensgebung fortführen: Aber = lat. »autem« klingt wie das englische »item« = ein Punkt, eine Position, ein Artikel. Meine Objekte sind ebenfalls Artikel, gesammelt in einer Kiste. Die Objekte sind tatsächlich kleine »Abers«: Sie widersprechen dem Aberglauben, wo sie können.

Ein Lieblingsautem habe ich nicht. Das wäre sonst, als hätte ich als Mutter ein Lieblingskind.

Da Palindrome eine magische Wirkung haben sollen, machte ich aus meinem »autem« nun auch ein Palindrom: AUTEMETUA. Hierbei ergibt sich Folgendes: lat. »AUTEM METU A« = »aber aus Angst vor«. Damit schließt sich der Kreis.

Die in dem Schriftzug verwendete Rune »Naudiz« steht für Not und Notsituationen, aber auch für Widerstand. Sie gibt dem AUTEMETUA ein besonderes »T« und lädt das Wort noch mehr mit Bedeutung auf. Die Assoziation »einen Strich durch die Rechnung machen« liegt nicht fern: AUTEMETUA macht dem Aberglauben den Strich durch die Rechnung.

Das Werk ist ein Einzelstück. Es wurde an der Werkschau im Juli 2012 an der Hochschule Augsburg ausgestellt. Eifriges Kopfnicken und zustimmende Kommentare zeigten mir, dass nicht nur ich mich für dieses Thema interessiere, sondern sich auch andere mit vielen Gedanken der Arbeit identifizieren können.

Eine Edition wäre denkbar, für den Verkauf zum Beispiel in Museumsshops. Diese einzelnen Multiples hätten dann jeweils auch eine eigene Verpackung für unterwegs, da sie nicht mehr erkennbar zu einem »großen Ganzen« gehören. Sie blieben allerdings Teile einer größeren Revolution.

Details

Entstehungsjahr

2012

realisiert

weitere Angaben

Kiste:
Eichenholz, circa 50 x 50 x 40 cm

Inhalt:
28 Objekte (»Autems«) aus verschiedenen Materialien wie zum Beispiel Eichenholz, Metall, Papier, Porzellan, Glas, Karton, Stoff, Wolle, Latex, Plexiglas, etcetera
Maße variieren hier.

Das innere der Kiste besteht aus aufeinander liegenden Ebenen. Diese sind wie Setzkästen konzipiert und man kann sie einzeln entnehmen. Die Fächer in den Setzkästen sind individuell auf das jeweilige darin befindliche Objekt zugeschnitten (jedes Objekt hat ein eigenes Fach).

Das Prinzip des Setzkastens vereint für mich verschiedene passende Eigenschaften: Die Gegenstände im Setzkasten haben den Charakter einer Sammlung, durch die Aufbewahrung in einzelnen Fächern werden sie speziell zur Geltung gebracht. Nicht zuletzt gewinnt die Sammlung durch den Setzkasten eine alchemistische oder wissenschaftliche Anmutung.

initiiert von

  • Eva Gräbeldinger

Beteiligte

Schlagwörter

1 Kommentar

1 Margarete Laue, 21.5.2013, 16:57

Finde ich total großartig. :) So viel Liebe zum Detail und so vielschichtig!!
Bei dem ganzen Unglück, das 2013 bisher für mich bereit hält, würde mir dieser Kasten gerade recht kommen.

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