11. Dezember 2016

Christian Holl

fifty shades of beige

Beige ist der hidden champion unter den Farben. Nicht nur bei Kleidern von Senioren. Seniorenbeige hat sich auf beunruhigend unerbittliche Weise in den Köpfen breitgemacht. Aber man soll die Hoffnung auf eine andere Farbe nicht aufgeben.

Eine Wanderdüne, die den Kölner Dom umspült. Diesen Eindruck vermittle es im Luftbild, wenn Senioren aus Dormagen nach Köln pilgern und »der eigenen Zukunft durch einen Besuch im Hause des Herrn das Ungewissen zu nehmen hoffen«, so der Kabarettist Jochen Malmsheimer. Das Phänomen beige war 2012 der Regisseurin Sylvie Hohlbaum immerhin ein Kurzfilm wert. In ihm sagt der Soziologe Klaus R. Schroeter, dass für Rentner von heute beige früher etwas Außergewöhnliches und den Feiertagen vorbehalten gewesen sei und man im Ruhestand, der nicht mehr durch Arbeit gekennzeichnet sei, dann eben dazu neige, beige zu tragen. 

Seniorenbeige ist nicht nur ein spezifisch helles, mattes, besonders farbloses Beige mit einem Stich ins Graugrün von Beamtenstuben der alten Bundesrepublik. Seniorenbeige ist vor allem eine derart herabsetzende Bewertung eines Farbtons, dass man davon ausgehen kann, dass alle, die heute über Seniorenbeige spotten, dann, wenn sie so alt sein werden wie die, die heute Seniorenbeige noch mit Überzeugung gerne tragen, andere Farben bevorzugen werden. Noch allerdings scheint beige ungebrochen attraktiv. Und auch für Fassaden wird beige gern gewählt. Aus eben jenen Gründen, deretwegen sich Senioren für beige Kleider entscheiden. Hell und vermeintlich freundlich, unempfindlicher als reines Weiß, das als eine auch für andere Generationen erkennbare Farbe der Festlichkeit im Beige noch als Absicht spürbar ist. Das fügt sich wiederum wunderbar zur neuen Freude am Naturstein, der dünn geschnitten vor die Wärmedämmung gehängt wird und Dauerhaftigkeit signalisiert. Egal wie neu das Haus ist, es soll so aussehen, als wäre es schon nach der Geburt ein respektabler Senior, ein ehrwürdiger Greis. Mit anderen Worten: Mit Beige macht man nichts falsch. Die Metapher von der Fassade als dem Kleid des Hauses ist selten so naheliegend. Und so aufschlussreich: Denn nichts falsch zu machen ist ein recht bescheidener Anspruch an gute Architektur. Wenn das schon als Qualität gilt, steht es schlimm um die Architektur. Wenn man von ihr erhofft, nicht aufzufallen, nicht mehr aufzubegehren, keine Experimente mehr zu wagen, keine unangenehmen Fragen mehr zu stellen. Wenn die Architekten keine Vorstellungen mehr davon zu haben brauchen, wie das Zusammenleben jenseits der eingespielten Routinen und Hierarchien noch sein könnte, jenseits der sozialen Schieflagen, mit denen man sich irgendwie arrangiert hat. Jenseits der Praktiken, die darüber entscheiden, wer eine Chance bekommt. Junge Architekten bekommen sie selten. Sie gelten noch als jung, wenn Kollegen in anderen Berufsfeldern schon zum Mittelbau oder zu den Etablierten gehören sollten. Es gibt inzwischen einfach zu viel ehrwürdige Greise und solche, die sich dafür halten. Aber nicht nur sie scheinen den Jungen nichts zuzutrauen oder sie nicht fördern zu wollen. Die öffentliche Hand, die Kommunen, die Länder, auch die Gesellschaften, die im Besitz der öffentlichen Hand sind – sie sind nicht die Ausnahme, die sie eigentlich sein sollten. Sie verhalten sich so, wie man sich verhält, wenn man ein spezifisch helles, mattes, besonders farbloses Beige mit einem Stich ins Graugrün von Beamtenstuben der alten Bundesrepublik für eine gute Wahl hält. Ohne Mumm. Ohne Begeisterung. Resopal in den Köpfen, Grünlinien im Sinn. Man ist nicht realistisch, indem man keine Ideen hat, hatten Lucius Burckhardt, Markus Kutter und Max Frisch 1955 geschrieben. Die Welt wird nicht bunt, wenn man alle Farben zusammenrührt und sie mit Weiß solange aufhellt, bis Beige dabei herauskommt. Man wird seiner Verantwortung nicht gerecht, wenn man sich hinter Verordnungen versteckt. Aber es ist ja noch schlimmer: Die Zugangsbeschränkungen werden ja in einem überrundenden Gehorsam weitaus höher gesteckt, als sie sein müssten: Hosenträger, Gürtel und Gummizug. Man weiß ja nie. Vielleicht ist das Sicherheitsdenken der Verwaltung aber auch nur Ausdruck der Ängstlichkeit von Politikern, deren Ängstlichkeit Ausdruck der Ängstlichkeit derer ist, die sie gewählt haben. Und die Politiker bedienen sie ja gerne, diese Ängste, denn die Rentner sind eine wichtige Wahlklientel, und um sicher zu gehen, machen sie ihnen solange Angst, bis sie sie selbst bekommen. Siehe Boris Johnson. Die Rentner und Senioren, beige oder nicht, haben, wie man im nicht mehr einigen Königreich sehen konnte, auch kein schlechtes Gewissen, mit ihrer Entscheidung den Jungen die Zukunft zu verbauen. Das ist alles andere als ehrwürdig. Es ist bei uns nicht besser, nur, weil wir keine EU-Abstimmung durchgeführt haben.

Die BDA Landesverbände aus Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland haben gemeinsam den BDA Architekturpreis »max40 – Junge Architekten« ausgelobt. Die Urheber der eingereichten Projekte durften nicht über 40 sein. Für die Ausstellung und den Katalog hat man 14 Arbeiten ausgesucht. Drei der 14 Bauherren stellt die öffentliche Hand. Die privaten scheinen also mutiger. Aber es sind zu wenige. In den fünf Ländern sind laut Kammerstatistik von den bundesweit 47.000 frei schaffenden Architekten etwa die Hälfte tätig: 24.000. 37 eingereichte Arbeiten von 37 Büros hatte die Jury zu bewerten. Bevorzugtes Material: Holz. Farblich beunruhigend nahe an Beige? Nicht, wenn man es in Würde und natürlich altern lässt: wenn man es – genau – ergrauen lässt. 

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14. März 2014

Christian Holl

Pilzkrankheiten

Es gibt Dinge, die die Welt nicht braucht, die aber wenigstens keinen Schaden anrichten. Und es gibt Heizpilze.

Ob man denn den Garten heizen wolle, lautete in grauer Vorzeit die Frage, wenn man bei laufender Heizung lüftete. Das war zwar, nachdem die erste Ölkrise und autofreie Sonntage die Menschen aus dem ökologischen Wachkoma geholt haben. Dennoch mutet die Ermahnung, Fenster und Türen des Raums, den man beheizt, geschlossen zu halten, heute recht antiquiert an. In pädagogischen aufgemachten, also ziemlich langweiligen Filmchen wurde früher dem Verbraucher nahegelegt, beim Wasserkochen mit dem Deckel den Topf zu schließen. Beim Scheibenkratzen nicht schon den Motor laufen zu lassen. Die Waschmaschine nur gut befüllt anzuwerfen. So in der Art. Man hat Korken und Aluminiumfolie fürs Recycling gesammelt. Das alles wirkt heute recht niedlich. So wie der Aufruf, bei Feinstaubalarm doch bitte mit der Straßenbahn zu fahren. Heute sammelt man Korken vielleicht noch für die Bastelrunden im Kindergarten. Wer geglaubt hat, dass sich verantwortungsvoller Umgang mit Energie durchsetzen werde, weil ja der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen sei, hat in etwa die Prognosefähigkeit von Kaiser Wilhelm II. Der meinte bekanntlich, das Automobil sei eine vorübergehende Erscheinung – er glaube an das Pferd. Die Autos sind so groß und zahlreich wie nie zuvor, an gut befahrenen Straßen lässt sich zu jeder Zeit binnen kurzem die Vermutung bestätigen, dass in fast jedem Auto nur eine Person sitzt. Und so geht es weiter: Etwa jeder dritte Deutsche kaufte sich 2015 ein neues Smartphone. Die Menschen trinken en masse »Coffee to go«, und jeder Wegwerfbecher bekommt einen Wegwerf-Kunststoffdeckel. Mit Wasser verflüssigte Seife wird in Plastik verpackt und teurer verkauft als jede Hartseife. Flüssigseife kostet mehr im Transport und ist schneller verbraucht. Damit das ökologische Gewissen beruhigt ist, kauft man Flüssigseife in Nachfüllpackungen – absurder geht es nicht. Nix Effizienz, Suffizienz oder Resilienz. Nix Vernunft, nix Begabung.  

Die Flüssigseife der Fußgängerzonen

Derzeit wieder aktuell: Heizpilze. Ihr Energieverbrauch ist enorm. Ein Heizpilz produziert im regelmäßigen Einsatz etwa soviel Kohlendioxid wie die Heizung eines (gedämmten) Einfamilienhauses. Der Gastronom schafft ihn sich an, damit die Raucher beim Rauchen nicht frieren, aber vor allem, weil es bei uns im März nicht so warm wie in Barcelona ist. Und so setzen wir uns unter die Heizpilze, um uns wenigstens ein bisschen mediterran zu fühlen. Vermutlich handelt es sich um einen tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex gegenüber den Mittelmeerländern, also gegenüber jenem vermeintlichen Paradies, wo angeblich alle Menschen Lebenskünstler sind, Urbanität nicht nur ein Marketingwort ist, es einen angeborenen Sinn für Schönheit gibt und was dergleichen folkloristische Klischees mehr sind. Wer einen Sinn für Schönheit hat, müsste Heizpilze sowieso verbieten, Lebenskünstler wird man, wenn einen das Schicksal dazu zwingt und nicht aus Selbstverwirklichungsspaß. So schlecht ist das Wetter bei uns nun auch wieder nicht, dass man vor lauter Verbitterung glauben muss, es gäbe nur schlechte Kleidung respektive zuwenig Heizpilze.

In wenigen Städten sind sie immerhin verboten, mancherorts dürfen sie nur zu bestimmten Zeiten genutzt werden. Aber das gilt nur für Gastronomiebetriebe und öffentliche Einrichtungen. Ein privates Verbot sei rechtlich nicht durchsetzbar, heißt es. Warum eigentlich nicht? Es gibt Dosenpfand. Es gibt die Dieselrußpartikelfilterpflicht. Und es gibt die EnEV. Die gilt ja auch nicht nur in Gastronomiebetrieben und öffentlichen Einrichtungen. 

Besser wäre es natürlich, es den Menschen selbst zu überlassen, wo und wie sie sparen. Jeder bekäme ein paar Kilo Kohlendioxid zum Verbrauch gutgeschrieben, wofür er sie einsetzte, wäre sein Bier. Wer keinen Heizpilz hat, darf einen Kleinwagen fahren. Wer keinen Kleinwagen fährt, darf sich einen Heizpilz kaufen oder sein Haus heizen. Wer sein Bad nicht heizt, darf Flüssigseife verwenden. Wer weder Kleinwagen hat, noch Flüssigseife benutzt, noch einen Heizpilz sein eigen nennt, ist von der Einhaltung der EnEV befreit: Drei Ecken ein Elfer. Wer glaubhaft nachweisen kann, dass er an das Pferd und nicht an das Auto glaubt, darf jedes Frühjahr nach Barcelona reisen. Hätte man das schon in grauer Vorzeit so gehandhabt, wäre uns sicher so einiges erspart geblieben. 

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30. November 2013

René Spitz

Zwei Häuser

Aalto-Haus (1936), Riihitie 20, Helsinki, Finnland

»Auch die Architektur hat immer einen versteckten Beweggrund, der um die Ecke lauert, die Vorstellung, das Paradies zu erschaffen. Das ist das einzige Ziel unserer Gebäude. Wenn wir nicht unser ganzes Leben lang von dieser Vorstellung begleitet würden, wären alle unsere Gebäude einfacher und trivialer und das Leben wäre … – nun ja, würde es das Leben dann überhaupt geben? Jedes Gebäude, jedes architektonische Erzeugnis, das es symbolisiert, soll demonstrieren, dass wir dem Menschen ein Paradies auf Erden errichten wollten.« Alvar Aalto

Als das finnische Architektenpaar Aino und Alvar Aalto einen Planungsauftrag vom Unternehmen Stenius erhält, entschließt es sich 1934, von Turku nach Munkkiniemi umzuziehen. Der Ort ist zu dieser Zeit noch eine eigenständige Stadt in der Nähe Helsinkis, wenige Jahre später wird er in die finnische Hauptstadt eingemeindet.

Die beiden Architekten erwerben in Munkkiniemi ein Grundstück, das sich zu dieser Zeit noch in einer unbesiedelten Gegend befindet. Das Haus, das sie darauf bauen, bewohnen sie ab 1936 nicht nur mit ihren beiden Kindern. Sie nutzen es auch als Büro. Aino stirbt 1949, und Alvars zweite Ehefrau Elissa zieht 1952 ein. Im Laufe des wachsenden Erfolgs belastet die Nutzung als Arbeitsraum für bis zu zwanzig Mitarbeiter das Haus bis ans Äußerste. Deshalb plant und baut Alvar Aalto ein neues Büro nur wenige Straßenzüge entfernt, das 1955 bezogen wird. Als er 1976 stirbt, bleibt das Haus auch weiterhin der Wohnsitz seiner Familie. Elissa stirbt 1994. Wenige Jahre später übernimmt die Aalto Stiftung das Haus. Seit 2002 ist es als Museum öffentlich zugänglich.

Mit diesen wenigen Worten ist das grobe Faktengerüst dieser überschaubaren Architekturgeschichte beschrieben. Es heißt in einschlägigen Veröffentlichungen, das Haus markiere eine signifikante Etappe auf dem Übergang von einer mehr oder weniger rigide rationalistischen Haltung Alvar Aaltos zu einer weicheren, sanfteren Formensprache, die mit wohlfeilen Etiketten wie »romantisch«, »organisch« oder »human« seine umgänglichere Ausdrucksweise der Architekturmoderne benennt. Seine Architektur verweise auf einen bald darauf folgenden Entwurf, die ungleich luxuriösere Villa Mairea. Solche Schubladen sind jedoch nur eingeschränkt hilfreich für ein differenziertes Verständnis seiner Arbeit. Wie sehr er sich dessen bewusst war, dass es beim Hervorbringen von gestalterischen Qualitäten selten um Unterbrechungen und Abgrenzungen geht, aber meist um Anknüpfungen und Zusammenhänge: „Nicht alles entsteht jemals wieder neu. Doch es verschwindet auch nicht ganz und gar. Und alles, was einmal gewesen ist, taucht immer wieder in neuer Form auf.« 

Das Haus wirkt auf den Besucher im ersten Moment abweisend, und dass es sich auf seiner Rückseite mit einer großzügigen Sonnenterrasse öffnet, mag überraschen. Von der Straßenseite ist die Nutzung des Gebäudes ablesbar, aber diese Lesbarkeit wird dem Betrachter nicht aufgedrängt: Der Bürotrakt ist lediglich am weiß gestrichenem Mauerwerk zu erkennen. Dabei handelt es sich aber keineswegs um eine strikte Trennung, vielmehr um eine strukturierte Zonierung, denn im Vordergrund steht die Gesamtwirkung eines harmonischen Gefüges von familiärem und beruflichem Leben, von der Integration der Gestaltung (Architektur, Design, Kunst) in den Alltag. Die unten liegenden Räume erzeugen eine Abfolge für Arbeiten und Wohnen, die oberen Räume sind der Familie vorbehalten. Intimität, unprätentiöse Zurückhaltung und Klarheit sind vermutlich die Begriffe, mit denen die Atmosphäre des Hauses am treffendsten angedeutet werden kann. 

Alvar Aalto hat mehr als 400 Gebäude entworfen, dazu mehrere Dutzend Möbel, Einrichtungsgegenstände, Leuchten und weitere Objekte. Seit 1935 unterhielt er neben seinem Büro als Architekt und Designer auch die Firma Artek, die er nicht nur als Produzent, sondern auch als Galerie konzipierte. Von diesem weit gefächerten Schaffen haben es im wesentlichen nur drei Entwürfe geschafft, sich als Ikonen der modernen Gestaltung ins allgemeine visuelle Gedächtnis einzuprägen: Ein Sessel (»Paimio«, 1931/32), ein Hocker (»Stool 60«, 1933) und eine Vase (»Savoy«, 1936). Die übrigen Arbeiten sind vorwiegend einem speziell interessierten und geschultem Publikum präsent. Das klingt ein wenig ernüchternd, wenn man sich seinen humanistischen Anspruch vor Augen hält: »Es gibt nur eine Regel, die für Architektur gilt: natürlich zu bauen. Tu nichts Unnatürliches, tu nichts Unnötiges. Alles, was überflüssig ist, wird mit der Zeit hässlich.«

Le Corbusiers Ferienhaus (1949), Roquebrune-Cap-Martin, Frankreich

Ein einziges Zimmer. Quadratische Grundfläche. 366 cm Seitenlänge. 226 cm Raumhöhe. Vorfabriziert in Korsika. Vor Ort zusammengesetzt. Radikale Architektur. Zweckmäßig, funktionstüchtig, in jeder Hinsicht nüchtern kalkuliert. 

Wie jeder Rebell, so packt auch Le Corbusier die Dinge bei den Wurzeln, um die Verhältnisse neu zu ordnen. Er ist gewillt, eine eigenständige Formensprache zu entwickeln, die seiner Zeit entsprechen soll, genauer: die den technischen, wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen seiner Zeit und die zunehmende Beschleunigung des Wandels – und beides erschien ihm als Inbegriff des Fortschritts – zu einem angemessen Ausdruck verhelfen soll. Weil der Mensch des 20. Jahrhunderts in seinen veränderten Lebensbedingungen im Vergleich zu vorherigen Epochen ein anderer sei, müsse auch die Gestaltung eine andere werden. Konventionen: Über Bord damit! Ästhetische Stile: Von gestern! Transparenz, dynamische Bewegung sowie technische Präzision und maschinelle Effizienz sind die Metaphern, die (aus seiner Sicht) den Erfolg der Industrialisierung begründet haben und deshalb in der Architektur konsequent umzusetzen seien. 

Le Corbusier artikuliert seine Ideologie 1923 in der berühmten Streitschrift »vers une architecture« und benennt fünf notwendige Punkte in seinem Ausblick auf eine neue Architektur (Trennung von tragenden und nichttragenden Elementen unter Verwendung von Stützen, Flachdach mit Dachgarten, freier Grundriss, Fensterbänder und freie Fassadengestaltung). Eine Folge seines Fortschrittsoptimismus' ist seine Favorisierung von Beton und Stahl als Materialien der industriell vorgefertigten Elemente. Was findet sich davon in dieser Klause, diesem mönchisch anmutendem Rückzugsort?

Wie Alvar Aalto (und wie viele andere sogenannte »Klassiker« der modernen Gestaltung), so hat auch Le Corbusier in der Rezeption und kommerziellen Marketing-Verwertung ein eintöniges Schicksal ereilt. Die Konzentration auf wenige Bilder, die wieder und wieder verbreitet werden, hat eine facettenreiche Wahrnehmung in der breiteren Öffentlichkeit verhindert. 

Statt dessen ist Le Corbusier einer von wenigen mythischen Heroen in der Hall of Fame ewiger Aktualität, ein Platzhalter, der eine bestimmte – oberflächlich vereinfachte – Bedeutung symbolisiert und ironisch-tragischerweise auf einen Stil verweist, welcher wir uns heute als einer Option unter vielen gleichwertigen bedienen können. Eine spezifische Haltung ist zur Attitüde degeneriert, welche demonstrativ konsumiert wird und deren Mitteilungsfunktion längst ihrer zugrunde liegenden Überzeugung den Rang abgelaufen hat. Die üblichen Bilder, die das Schlagwort »Le Corbusier« hervorrufen, stehen einer angemessenen Auseinandersetzung mit seiner Bedeutung im Wege. 

Die Tendenz zur Fokussierung auf immer weniger allbekannte Klischees bei gleichzeitig wachsender Omnipräsenz spiegelt auch die merkwürdigerweise weit verbreitete Sprachlosigkeit in der Architektur. Selten gelingt es, die atmosphärische Wirkung einer alle Sinne ansprechenden Gestaltung in Worte zu fassen, ohne in Stereotypen zu verfallen. Diesem Hindernis steht die Einfachheit gegenüber, mit der Bilder als Fotos eingefangen werden können. Dass dann (bestenfalls) nicht die Stimmung des Raums im Kasten ist, sondern eine eigenen bildnerischen Gesetzen folgende Stimmung entsteht, bleibt meist außer Acht.



Wir danken Estelle Hanania für die gezeigte Aufnahme und The Weekender für die Erlaubnis, den in ihrem Magazin erschienenen Text auf unserem Blog zu veröffentlichen.





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13. Juni 2013

Christian Holl

Objektivität

oder
Was man gewinnt, wenn man zum Beispiel verschiedene, sich widersprechende Architekturkonzepte anerkennt

Karl Krauss hat einmal behauptet, dass ein Wort um so ferner zurückschaut, je näher man es ansieht. Dass er damit nicht falsch liegt, werden die meisten schon selbst erlebt haben. Für die Architektur, die zu verstehen ich mich seit Jahren genauso mühe, wie ich es den Architekten unterstelle, gilt das genauso: immer dann, wenn ich hoffe, etwas verstanden zu haben, scheint sich noch viel mehr aufzutun, das erst noch zu ergründen ist. Immerhin, der Lohn ist der, dass man auf Zusammenhänge und Begriffe stößt, die nicht unbedingt etwas mit Architektur zu tun haben müssen, aber auf sie bezogen werden können, schon allein deshalb, weil Architekten sich auch nicht damit begnügen, sich auf das zu beschränken, was ihr Gegenstandsbereich ist, sondern verbunden mit im besten Fall produktiven Missverständnissen sich bei vielen anderen Disziplinen bedienen, um – ja, um was eigentlich? An dieser Stelle sind wir schon ganz tief eingesunken in die Welt, an der Architekten sich ebenso abarbeiten wie sie sie hoffen gestalten zu können. Um Beziehungen zwischen sich und den anderen zu schaffen, in denen sich die Menschen verstehend begegnen können? Vielleicht. 

Im Ende letzten Jahres erschienenen Buch »Öffentlichkeit. Die politische Form des Bewusstseins.« stellt Volker Gerhardt fest, dass der Mensch »als Individuum aus sich heraustritt und sich selbst gleichsam von außen betrachten und bewerten kann. Damit hat er das Organisationszentrum seines bewussten Lebens wesentlich auch außerhalb seiner selbst. Er muss auf Distanz zu sich selber gehen, um im menschlichen Lebenskontext er selbst zu bleiben.« Und eine Seite weiter heißt es: »So bewegt sich der Mensch in der 'Objektivität' einer Welt, an der er selbst beteiligt ist. Sein 'Umfeld' nimmt 'Weltcharakter' an. 'Weltcharakter' bezeichnet die Einheit, die sich aus der prozeduralen Gemeinsamkeit der sich überlagernden Einzelperspektiven ergibt und damit als ein öffentlich konstituierter Raum aus 'Bedeutungen' begriffen werden kann.« (1)  

Die Objektivität in der Welt, in der der Mensch sich bewegt, ist demnach gekennzeichnet durch die Fähigkeit des Menschen, sich von außen zu betrachten und zu bewerten – erstens, und zweitens der Einheit, die sich aus der prozeduralen Gemeinsamkeit der sich überlagernden Einzelperspektiven ergibt. Das Dilemma der Architekten ist, dass sie die Entscheidung darüber, was als Gemeinsamkeit von Einzelperspektiven sich prozedural ergeben könnte, schon behaupten müssen, um die Voraussetzung dafür zu schaffen, dass ein Prozess in Gang gesetzt werden kann, an dessen Ende die Übereinkunft darüber besteht, was die Gemeinsamkeit der Einzelperspektiven sein könnte. 

Einfacher gesagt: Erst wenn das Haus steht, kann man sich darüber unterhalten, ob man es auch so gewollt hat. Dann steht es aber schon.

Man hat es nicht einfach mit der Welt. Sie ist ein Jammertal, und das ist sie leider auch geblieben, seit sich die Menschen von der Religion befreit haben. Versprechungen auf eine glorreiche Zukunft in dieser Welt haben sich als nicht einlösbar erwiesen, und wenn es schlecht lief, endeten sie in einer Gegenwart voller Terror und Gewalt. Dass die Welt ein Jammertal ist, gilt auch für Architekten. Sie führen kein besonders fröhliches Leben, das weiß jeder, der regelmäßig mit ihnen zusammenkommt. Sie werden mit Forderungen konfrontiert, die sie nicht erfüllen können. Sie sollen »zukunftsfähig« bauen und dürfen doch keine Missionare sein. Man kann es durchaus verstehen, dass Architekten es leid sind, einerseits die Ärmlichkeit der Moderne vorgehalten zu bekommen und gleichzeitig dazu verpflichtet zu werden, sparsam sein zu müssen. Und haben dann auch noch mit den Ansprüchen zu kämpfen, die sie aneinander stellen. So glauben Architekten daran, dass Architektur mehr ist als Zweckerfüllung, genauer gesagt, dass der Zweck der Architektur über das materielle Nützlichkeitsprinzip hinausgreift. Der Zweck ist »stets auf ein geistiges Prinzip, eine Idee, gerichtet und erfährt dadurch eine besondere Weihe«, wie es Fritz Baumgart 1953 beschrieb (2), und zwar in Bezug auf Schinkel, an dem sich ja auch seit 1953 der ein oder andere orientiert hat. Und dann wird ein Schloss wiederaufgebaut, das eine absolutistische Herrschaftsform repräsentiert. Nein, nicht nur eines. Es ist zum Verzweifeln. Der Architekt rächt sich (zumindest in Berlin) dafür an den Politikern und am gemeinen Publikum, indem er die Fassaden, die neu gebaut werden dürfen (also nicht rekonstruiert werden müssen), durch besonders reduzierte, vulgo ärmliche ergänzt. Das haben sie jetzt davon. Zeitlose Rationalität statt historisierender Gemütlichkeit. 

Auf der Suche nach der verlorenen Architektur 

Weil man nicht mehr daran glauben darf, dass die Zukunft besser als die Gegenwart wird, schaut man lieber gleich nach hinten. Die Gesellschaft ist verunsichert, und die Architekten dürfen es auch sein, ohne sich dafür schämen zu müssen. Sie suchen nach Orientierung und immer, wenn sie nach Orientierung suchen, schauen sie entweder auch in die Vergangenheit, oder sie orientieren sich an dem, was sie unter Natur verstehen und von dem sie meinen, dass es sich deswegen weiterem Hinterfragen entzieht. Also irgendetwas, das irgendwie objektiv sein könnte, das schon richtig ist, bevor man sich über das Haus, das da gerade gebaut worden ist, unterhalten kann. Und beides verknüpfen sie mit der Behauptung von Objektivität, die sie so lange wiederholen, bis sie daran glauben. Damit immunisieren sich Architekten gegen eine Kritik, auf die sie nicht mehr direkt reagieren können. Das Haus, das kritisiert wird, können sie nicht gleich noch einmal, dann aber ganz anders bauen. 

Und so kommt es, dass eine der erstaunlichsten Restriktionen im Prozess, in dem Architektur entsteht, das Ausblenden von Subjektivität ist, obwohl diese doch eine Grundlage für die Qualität von Architektur ist. 

Subjektivität: Wenn sie bemüht wird, um über die Arbeit von Architekten zu reden, dann werden selten Komplimente gemacht. Sie wird als Willkür empfunden. Aus »subjektiven Geschmacksneigungen«, so Lampugnani, entstehe keine »Stadtarchitektur« (3); berüchtigt sind die Architekten, die sich angeblich selbst verwirklichen wollen, auf Kosten des Bauherrn und der Nachbarn versteht sich. Berufspolterer wie Ulf Poschart schimpfen darüber, dass der Drang zur Selbstdarstellung die Städte ruiniere und dass es einem Teil der Architekten schwer falle, »an sich zu halten.« (4) Demgegenüber stellt man die Qualitäten der Objektivität. Sie drücken den Wunsch nach einer verlässlichen Basis aus, auf der man Architektur bewerten kann, ohne sich auf das dünne Eis des Geschmacksurteils bewegen zu müssen.

 Diese Basis sucht man in wissenschaftlichen Methoden – in ihnen sieht man, nicht zu unrecht, am ehesten die Gewährleistung für Objektivität. Man rechnet und misst. »Die neuen Städtebauer werden als Entwerfer und Gestalter auftreten, zuvor aber als Forscher und Wissenschaftler«, ihre Arbeit ist »die objektive Erhebung von umweltrelevanten Daten.« (3) – wer auch immer jeweils darüber entscheidet, welche Daten umweltrelevant sind. Andere nutzen, um ihre Entwürfe zu erklären, ein Vokabular, das Objektivität verspricht, weil es medizinisch oder naturwissenschaftlich konnotiert ist: Halbwertszeit, Parasit, Akupunktur, Adaption, Transplantation.

Zwei Pole

Dieser Wunsch nach objektiven Kriterien ist verständlich. Er ist auch nicht falsch, im Gegenteil, er erfüllt eine wichtige Funktion. Er ist die Grundlage in einem kommunikativen Prozess, er hilft, subjektive Entscheidungen zu vermitteln. Das Bemühen um Objektivität hilft dabei, sich über die Gestaltung zu verständigen, mit der viele leben müssen. Es verhindert (jedenfalls manchmal), dass teure und folgenreiche Fehler begangen werden. Aber die Sehnsucht, es werde eine erschöpfende objektive Bewertung von Architektur geben können, wird nie erfüllt werden. Architekten wissen das. Auch die meisten Bauherren würden sich wahrscheinlich, wenn man sie dazu nötigte, ernsthaft darüber nachzudenken, kein Haus wünschen, das ohne subjektive Entscheidungen entstanden ist. Es würden sich wahrscheinlich die wenigsten eine Stadt wünschen, in denen die Architektur lediglich den Ansprüchen genügen will, objektiv richtig zu sein. 

Trotzdem wird selten reflektiert, was Objektivität leisten kann, was an diesem Begriff fasziniert. Ich halte das für ein elementares Versäumnis. Ein Versäumnis, das wahrscheinlich im Wort selbst und dem, was man damit verbindet, begründet liegt. Etwas, das objektiv ist, ist es immer schon gewesen: »Wir fliehen das Subjektive, unter dem Druck der Überzeugung, dass alles, was es gibt, an sich, also unabhängig von jeder Perspektive, irgendwie sein muss«, so Thomas Nagel. (5) Diese Überzeugung macht allerdings blind dafür, dass unser Verständnis von Objektivität zum einen ein geschichtliches ist und zum anderen das Individuum ausblendet. »Objektivität verlangt nicht nur, die eigene, individuelle Perspektive aufzugeben, sondern sie erfordert auch, dass die spezifisch menschliche Sichtweise, ja sogar die für Säugetiere charakteristische Perspektive (…) überwunden wird«, so Nagel. In eine solche Perspektive lässt sich aber nicht alles integrieren, wodurch wir Welt erfahren. Sie bleibt immer unvollständig, da sie etwa die Sicht nicht anerkennt, mit der wir die Identität unserer Persönlichkeit erleben. 

Nagel plädiert deswegen dafür, Objektivität nur als Teilansicht dessen, was wir wahrnehmen können, zu verstehen, und zu akzeptieren, dass »die Dinge nicht nur auf eine einzige Weise existieren.« Nagel nennt diese Koexistenz die unerschütterliche Tatsache des Lebens. Objektivität und Subjektivität gelte es als Pole zu verstehen, zwischen denen wir uns bewegen sollten. Das hieße, das Ziel aufzugeben, »letzten Endes alles zu vereinheitlichen.« 

Nagels Objektivitätsbegriff als einer Perspektive auf die Dinge ohne Position (eines von Nagels Büchern trägt den Titel »Der Blick von Nirgendwo«), war aber nicht immer allen Menschen so geläufig wie uns heute. Es ist einer der Neuzeit. Hans-Georg Gadamer hat darauf hingewiesen, dass die Kühnheit von Galilei darin bestand, zu behaupten, »dass alles, was fällt, nach den gleichen Gesetzen fällt und gleich schnell fallen würde, wenn es den Luftwiderstand nicht gäbe. (…) Solches Abgehen vom Augenschein war die eigentliche neue Kühnheit mathematisch konstruktiven Denkens, das wir moderne Wissenschaft nennen.« (6) Wir sind derart vertraut mit dieser Abstraktionsleistung, dass wir vergessen, dass es andere Gesellschaften gab. Gesellschaften, in denen Menschen überhaupt nicht auf die Idee kamen, eine von der Position des Menschen unabhängige Beobachtung oder Messung vornehmen zu wollen – und das nicht nur, weil sie die Instrumente dafür nicht besessen hatten.  

Der Traum von der ahistorischen Natur

Der Grund für dieses Vergessen ist der gleiche wie der, der einen Teil der Faszination von Objektivität ausmacht: das Versprechen, ungeschichtlich zu sein. Weil Fall- und andere Naturgesetze ungeschichtlich sind, werden wir zur Illusion verleitet, diese Qualität lasse sich übertragen. Rorty interpretiert Objektivität in diesem Sinne gesellschaftlich. Er vertritt die These, »das Streben nach Objektivität sei zum Teil eine verhüllte Form der Angst vor dem Tod unserer Gemeinschaft«. (7) Das ist erklärungsbedürftig. Seiner Meinung nach sind wir dazu verleitet zu glauben, durch Objektivität ließe herauszufinden, worin unsere und »jede andere wirkliche und mögliche menschliche Gemeinschaft übereinstimmen.« Gesucht wird dabei nach einer ahistorischen menschlichen Natur, auf der eine Gemeinschaft gegründet werden könnte. Kann sie gefunden werden, dann müsste sie sich, da ahistorisch, immer wieder finden lassen.

Das tröstet: denn dann wäre es möglich, »die Tugenden, Erkenntnisse und Leistungen, die der Gemeinschaft Ruhm eingetragen haben, wiederzugewinnen, selbst wenn unsere Zivilisation vernichtet wird, ja selbst wenn alle Erinnerungen an unsere politische, intellektuelle oder künstlerische Gemeinschaft ausgelöscht werden.« So schreibt beispielsweise der Ethnologe Claude Levi-Strauss: »Die Gesamtheit der Bräuche eines Volkes ist stets durch Stil gekennzeichnet. Ich bin davon überzeugt, dass die Anzahl der Systeme begrenzt ist und dass die menschlichen Gesellschaften genau wie die Individuen – in ihren Spielen, ihren Träumen, ihrem Wahn – niemals absolut Neues schaffen, sondern sich darauf beschränken, bestimmte Kombinationen aus einem idealen Repertoire auswählen, das sich rekonstruieren ließe.« (8)

Dem mag sich Rorty nicht anschließen. Er macht darauf aufmerksam – und das sollte gerade Architekten interessieren –, dass man damit die Potenziale blockiert, andere, »interessantere« Dinge zu tun, dass wir uns damit verbieten zu denken, dass wir auch andere Personen sein könnten. Anwendbare, objektive Kriterien helfen uns, zu bekommen, »was zu wollen wir vorher schon entschlossen waren« (9) – aber sie beschränken uns auch darauf. Damit wird all das ausgeschlossen, was unter Verdacht gestellt werden kann, nicht Teil der ahistorischen Natur des Menschen zu sein. Rorty hält es lieber mit Nietzsche und dessen Mahnung, nicht zu vergessen, dass die Wahrheit nichts anderes sei »als ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien, Anthropomorphismen, kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die poetisch und rhetorisch gesteigert, übertragen, geschmückt wurden und die nach langem Gebrauch einem Volke fest, kanonisch und verbindlich dünken.« (7) Das lässt sich nun ohne weiteres auf die Gestaltung übertragen. Einen subjektiven Zugang zur die Geschichte zu suchen, ist dadurch ebenso legitimiert wie die Offenheit fürs Experiment. Damit ist das jeweils einzelne Ergebnis noch nicht notwendigerweise auf Dauer sinnvoll, allerdings lässt sich das nicht a priori deduzieren. Es geht nicht darum, Subjektives gegen Objektives auszuspielen, sondern sich darüber Klarheit zu verschaffen, wie wir mir dem, was die Begriffe bedeuten, umgehen können. Es frei, variabel und im Bewusstsein seiner Grenzen und Möglichkeiten zu tun, könnte sich lohnen – noch einmal Thomas Nagel: »Wenn wir dafür sorgen, dass weder das Objektive vom Subjektiven noch das Subjektive vom Objektiven verschluckt werden kann, dann sollte es der Kreativität dienen.«

Zwischenbilanz

Der Begriff der Objektivität umschreibt

● gesellschaftlich eine außerhalb des eigenen Individuums mit anderen Einzelperspektiven zur Deckung gebrachte Gesamtperspektive. Erst diese »Objektivität« erlaubt es, allgemeine und unveräußerliche Menschenrechte zu formulieren (Volker Gerhardt)

● die Fähigkeit, eine Perspektive außerhalb seiner selbst einzunehmen und daraus Beobachtungen zu beschreiben, die immer wieder genau so gemacht werden können. (Thomas Nagel) Letzteres bedeutet, nicht nur die eigene, individuelle Perspektive aufzugeben, sondern in ihrem Extrem, dass man die spezifische menschliche Sichtweise aufgibt. Das Streben nach Objektivität erfordert ein Transzendieren des Selbst und der Spezies. Darin wird jede Form der Subjektivität eliminiert, jede Form der persönlichen Empfindung und damit auch der persönliche Standpunkt. Damit verlieren wir die Fähigkeit, das, was uns betrifft, in unser eigenes Leben integrieren.

● Wird Objektivität, wie sie Nagel versteht, geschichtlich interpretiert, verleitet sie uns dazu, zu glauben, es gäbe einen Zustand des Gesellschaftlichen, der immer wieder hergestellt werden kann. (Richard Rorty)

Thomas Nagel nun schlägt vor, die Unterscheidung zwischen subjektiv und objektiv nicht absolut zu setzen, sondern sie relativ zu sehen, anstatt uns darum zu bemühen, alle Erscheinungen des Realen in eine objektive Welt einzuverleiben, auch das, was nicht in ihr enthalten ist. Er fordert, »dem Heißhunger nach Objektivität zu widerstehen und die Annahme aufzugeben, dass wir einen Fortschritt in unserem Verständnis der Welt und des Standpunktes, den wir in ihr einnehmen, einfach dadurch erreichen können, dass wir uns von diesem Standpunkt distanzieren und alles, was uns von ihm aus erscheint, in ein einziges umfassenderes Bild integrieren.«

Diese Auffassung ist schwieriger zu akzeptieren, als es zunächst scheinen mag, denn sie impliziert, dass, so Nagel »die Dinge nicht nur auf eine einzige Weise existieren. Es ist das Ziel, letzten Endes alles zu vereinheitlichen, das meiner Meinung nach in unserem Nachdenken über die Frage, wie wir unser Leben führen sollten und in unserem Bild von dem, was existiert, fehl am Platze ist.« (10)

Und was heißt das jetzt konkret?

Damit können wir wieder zur Architektur kommen. Es ist nun vielleicht deutlich geworden, dass man Architektur nicht damit gerecht werden kann, dass man versucht, sie auf objektivierbare Kriterien zu reduzieren. Sie ist im Sinne Rittels ein bösartiges Problem: Sie ist nie richtig. (11) Dass Architektur richtig ist, kann man nur glauben, wenn man Architektur auf einen Satz feststehender Regeln reduziert, die zu erlernen man eine Ausbildung hinter sich bringt. Wenn man meint, die Qualität von Architektur lasse sich in quantifizierbaren Größen erschöpfend erfassen – Energieverbrauch, Haltbarkeit, Kosten. Architektur lässt sich aber nicht in richtig oder falsch kategorisieren. Ihre Qualität kann man nicht abstrakt beschreiben, kann man nicht in Konstanten oder Gesetzmäßigkeiten dingfest machen, auch wenn man gerade mit den DGNB-Siegeln wieder einen Versuch unternimmt, Architektur in Tabellen zu pressen. (12) 

Architektur ist auch nicht richtig, weil man sich die Natur, zum Beispiel Seeigel, zum Vorbild nimmt. Der Mensch ist aber kein Seeigel, sondern ein kulturelles und gesellschaftliches Wesen. Und deswegen ist die Frage von guter Architektur immer auch Teil eines gesellschaftlichen Aushandlungsprozesses, Teil einer komplexen Struktur, in der Werte, Symbolsysteme, Rationalitätsverständnis und Weltdeutungen auf den Bedeutungsgehalt Einfluss nehmen, den man ihr beimisst. Welche Bedürfnisse Architektur befriedigen soll, ist in einen gesellschaftlichen Diskurs über sie verflochten; es gibt diese Bedürfnisse nicht a priori. Die Formen, in denen man sich austauscht, sind schon selbst Teil dessen, was man verhandelt: Worüber man spricht, sagt schon aus, was man wichtig finden möchte. Deswegen muss das, worüber man spricht, prinzipiell offen für alle sein, und wenn es gut läuft, ist ein solcher Diskurs einer, der Abwägung gestattet, Minderheiten schützt und Sachverstand zur Geltung bringen lässt. Wenn es gut läuft ist der Diskurs also nicht nur einer, der auf respektheischenden Podien mit bekrawatteten und honorigen Herren in Amt und Würden jenseits der 60 geführt wird. Wir sind nicht nur keine Seeigel, wir sind auch keine Bürgergesellschaft mehr, die in exklusiven Salons auskungelt, Verzeihung, diskursiv ausficht, was guter Geschmack zu sein habe. 

Richtig ist, dass jede Architektur Teil der Geschichte von Architektur ist. Diese Geschichte lässt sich nicht ignorieren, sie lässt sich aber auch nicht reduzieren, weder auf eine in ihr zur Erscheinung kommende Essenz noch auf eine Entwicklung hin zu einer Stadt, von der Auserwählten bestimmen, wo in ihr das Gute, Wahre und Schöne zu finden sei. Es gibt keine aus der Geschichte deduzierbare, folgerichtige Entwicklung, die durch »subjektive Vorlieben« oder»Individualismus«, wie es dann heißt, gestört werden kann. Das Erstaunliche ist, nebenbei bemerkt, dass man auch für das vermeintlich objektiv Richtige dann doch wieder meint, den privilegierten Entwerfer fordern zu müssen. Merke: Es gibt ihn eben doch, den subjektiven Entwerfer, sein Werk, und dessen Einzigartigkeit. 

Und wenn sogar schon die Fußballzeitschrift »Kicker« Kant damit zitiert (selbst wenn der Autor des »Kicker« aus Wikipedia abgeschrieben hat), dass der Bestimmungsgrund des Geschmacksurteils kein Erkenntnisurteil ist, sondern »nicht anders als subjektiv sein kann …« (13), dann dürfen sich auch Architekten die grundsätzliche Subjektivität jedes Entwurfs eingestehen und müssen sie nicht mit Objektivierungsstrategien vernebeln. Die Erkenntnis, dass das ästhetische Urteil keines der Erkenntnis ist, könnte helfen, zumindest für Neues und neue Formen der Arbeit an architektonischen Formen sensibilisiert zu bleiben, sich den Fragen ihres Ausdruck, ihrer Bedeutung zu öffnen, ein Gespür dafür zu behalten, wie sich Repräsentanz, Bedeutung und Stadtnutzung neu aufeinander beziehen lassen könnten. Vielleicht hieße dies sogar, dass sich auch Architekten der Kultur des Kopierens und der multiplen Autorenschaft öffnen könnten, um zeitgemäße Antworten auf Fragen der Architektur zu finden – wenn sie einen kreativen Diskurs nicht nur über Ergebnisse, sondern einen zeitgemäßen über Entwurfsprozesse führen;  wenn sie das Subjektive wieder so in sein Recht setzen, dass es der gemeinschaftlichen Arbeit dienlich gemacht werden kann, anstatt die Verdrängung des Subjektiven mit der Aufwertung der eigenen Person zu kompensieren. In welche Richtung sich Architektur entwickeln könnte, wenn der Diskurs zeitgemäß und lebendig geführt wird, wenn sich sogar neue Formen der Autorenschaft entwickeln, ist deswegen noch nicht abzusehen, es wäre auch seltsam, wenn sich dazu ein Autor verstiege, das prognostizieren zu können, der doch eben noch dafür plädiert hat, aus der Vergangenheit keine normativen Notwendigkeiten für den Entwurf abzuleiten. Mir scheinen nur weder parametrische Eigensinnigkeiten (14) noch Rekonstruktionen und pseudogeschichtliche Kontinuitätsillusionen überzeugende Wege zu sein. 

Ein Beispiel: Zwei Architekturkonzepte

Um zu zeigen, wie sich zwei Pole, denen ein unterschiedliches Verständnis von Objektivität und Subjektivität in der Architektur zugrunde liegt, äußern könnten, möchte ich nun auf ein schon über dreißig Jahre altes Buch zurückgreifen, das aber gerade weil es ebenso wie die in ihm behandelte Architektur mit einigem Abstand betrachtet werden kann, zeigt, dass ein Nebeneinander verschiedener Auffassungen legitim ist, und dass sich Abstufungen zwischen beiden denken lassen. 

1981 erschien ein Buch von Ingo Bohning  in dem er zwei Architekturkonzepte einander gegenüberstellt: »Autonome Architektur« und »partizipatorisches Bauen«. (15) Die autonome Architektur verbindet Bohning mit einer Gruppe von Architekten, die 1973 auf der Triennale von Mailand an die Öffentlichkeit getreten, »um mit erstaunlichem Selbstbewusstsein die Erneuerung der architektonischen Disziplin zu verkünden«. Mit dem Begriff »Rationale Architektur« suchte diese Gruppe um Aldo Rossi den Anschluss an die Architektur der 1920er und 1930er Jahre in Italien. Wichtiges Kriterium war dabei das der Autonomie. Bohning zitiert aus dem Ausstellungskatalog, wo es heißt, »dass die Architektur als autonomes Faktum der Technik und der Kultur nur durch ein großes Werk der Neugründung den augenblicklichen Zustand der Krise beenden kann.« Da Bohning den Begriff der rationalen Architektur für unglücklich hält, ersetzt er ihn durch den der autonomen Architektur. 

Zwischen dem Auftreten dieser Gruppe und dem Erscheinen des Buches wurden aber auch Gebäude fertiggestellt, mit denen Bohning das andere Architekturkonzept, das des partizipatorischen Bauens verknüpft. Mit dem Wohnkomplex der Medizinischen Fakultät von Leuven (Lucien Kroll, fertiggestellt 1976), dem Wohnbauprojekt Hollabrunn (Ottokar Uhl und Jos Weber, 1976), dem Gemeinschaftszentrum ‘t Karregat in Eindhoven (Frank van Klingeren, 1973) oder dem Centraal Beheer in Appeldorn (Herman Hertzberger, 1972) waren Gebäude entstanden, die auf verschiedene Weise partizipatorisches Bauen verwirklicht hatten. Das partizipatorische Bauen, das sich darin ausdrückt und das, ohne gestalterische oder künstlerische Ansprüche aufzugeben, das Prozessuale betont, werde, so Bohning, dadurch charakterisiert, dass die Gestaltung der Umwelt nicht nach innerarchitektonischen Gesetzen erfolgen solle, »sondern das Leben selbst soll der Bestimmungsgrund der Umweltgestaltung sein.« 

Dem gegenüber steht die autonome Architektur, die überzeitlich und überpersönlich gültige Typen und Formen sucht und sich dabei der geometrischen Grundformen bedient. Mit Verweis auf Frei Otto, Moshe Saftie, Michelucci und andere heißt es: »Die expressive Freiheit der Entwürfe bedeute in Wirklichkeit Unfreiheit, da sie nicht auf allgemeingültigen Prinzipien, sondern auf der Willkür subjektiver Entscheidungen beruht.« (Man beachte auch hier die Diskreditierung des Subjektiven.) Gesucht wird eine Architektur »frei von den Zufälligkeiten des historischen Augenblicks, eine endgültige, zeitlose Lösung« – eine Auffassung von Architektur, der sich auch heute viele werden anschließen können. In anderer Hinsicht trifft sich aber auch diese Architektur mit den Überlegungen partizipativer Architektur, die nicht vorgeben will, wie das Leben in ihr sich zu vollziehen habe. Denn Rossi lehnt es ab (aus heutiger Sicht möglicherweise überraschend), wie Bohning ausführt, »eine wünschenswerte Lebensweise unmittelbar in eine räumlich-architektonische Lösung zu übersetzen. Als Argument führt er an, dass derartige Lösungen eine Verbesserung der Lebensweise nicht garantieren können, da die Lebensweise von der Gesellschaft und nicht von der Architektur abhängt.«

Bohning hält beide Ansätzen für legitim. Er erkennt in der autonomen Architektur, dass Architektur Medium der Welterfahrung und Weltinterpretation sein und darin eine utopische Kraft haben kann: »Nach wie vor geht es um die Suche nach einer idealen Gesetzlichkeit und einer Gesellschaft, die dem zufälligen Leben des einzelnen einen Sinn gibt, es ordnet und es mit Klarheit durchdringt.«

2013: … ?

Wir sollten es uns gönnen, diese verschiedenen Ansätze als nicht vereinbare, aber trotzdem legitime Auffassungen nebeneinander stehen zu lassen, ohne die Widersprüche zwischen ihnen auflösen zu wollen: Die autonome Architektur als unveränderliche Konstante, die sich frei davon macht, den alltäglichen Prozess zu begleiten und die Architektur, die Freiheiten der prozessualen Gestaltung und Aneignung gewährt. Die eine, die sich von Subjektivität zu befreien sucht und die andere, die den Rahmen für dezidiert individuelle und subjektive Äußerung bieten will.

Das hieße aber auch, beide Ansätze ernst zu nehmen. Zum einen zu fragen, wie sich der subversive Charakter des Autonomen äußern könnte, auf den noch die Gruppe von 1973 bestanden hatte, da sie »sich dem unmittelbaren Leben« und damit auch der politischen Vereinnahmung entziehen wollte. In dem die Architektur durch ihre »Reinheit« ihrer Form eine Wirklichkeit für sich bildet, wollte sie sich jedem ideologischen Missbrauch entziehen. Die Skepsis, dass dies gelingen könne, die Bohning bereits 1981 für angebracht hielt, müsste nach wie vor ein steter Begleiter dieser Architektur sein. Denn die, die das Erbe dieser Architektur angetreten haben, wollen mitunter sehr wohl unmittelbares Leben bestimmen, wollen ein Bild endgültig richtigen guten Lebens formulieren, das nicht mehr utopisch gedacht ist.

In Bezug auf den partizipativen Ansatz gilt es sich wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass dieser nicht dem Entwurf und dem Bauen lediglich vorauszugehen habe, wie man dies heute gerne meint, sondern als ein die Architektur konstituierendes Element ihr eingeschrieben sein darf. 

Erst dann ist Beteiligung als grundsätzliches Verständnis von Architektur mehr als die Legitimation für einen Entwurf, der den Bewohner dann nur etwas später »zur Untätigkeit verdammt«. Solche Partizipation ermöglichte eine Architektur, die, wie es der experimentelle soziale Wohnungsbau in Mulhouse von Lacaton & Vassall etwa beispielhaft illustriert, anderes leistet, als es die dominierende Darstellung von Architektur vermittelt, dass Architektur genau nicht unmittelbar nach ihrer Fertigstellung als Objekt den vermeintlichen Höhepunkt ihrer potenziellen Qualitäten erreicht – solche partizipatorische Architektur würde verhindern, dass Architektur grundsätzlich reduziert wird auf ihren Entwurf, auf ihre Idee, für die vorab durch Bilder überzeugt werden muss, auf denen auch gerne mal die Sonne aus Norden scheint. Es könnte deswegen durchaus helfen, viele der aktuellen Diskussionen produktiv zu beleben, wenn wir Architektur in diesem Spannungsfeld ihrer autonomen Qualität und ihrer fortwährenden Veränderung sehen könnten. 

Literaturhinweise

  • (1) Volker Gerhardt: Öffentlichkeit. Die politische Form des Bewusstseins. Verlag C. H. Beck, München 2012
  • (2) Fritz Baumgart: Ägyptische und klassizistisch Baukunst. In: Klaus Jan Philipp (Hg.): Revolutionsarchitektur. Klassische Beiträge zu einer unklassischen Architektur. Braunschweig 1990 
  • (3) Vittorio Magnano Lampugnani: Langfristige Stadtkultur statt kurzfristige Funktionserfüllung. In: Mäckler, Sonne (Hg.): Konferenz zur Schönheit und Lebensfähigkeit der Stadt, Band 1. Zürich 2011
  • (4) Ulf Poschardt: Wir sind ja so modern! Die Welt, 1. Juli 2012
  • (5) Thomas Nagel: Die Grenzen der Objektivität. Philosophische Vorlesungen. Stuttgart 1991
  • (6) Hans-Georg Gadamer: Der Anfang des Wissens. Stuttgart 1999
  • (7) Richard Rorty: Solidarität oder Objektivität. Drei philosophische Essays. Stuttgart 1998
  • (8) zit. nach: Jürgen Goldstein: Die Entdeckung der Natur. Etappen einer Erfahrungsgeschichte. Berlin 2013
  • (9) Richard Rorty: Kontingenz, Ironie und Solidarität. Frankfurt am Main 1992
  • (10) s. Anm. 5
  • (11) Rittel, Horst W.J.: Dilemmas in einer allgemeinen Theorie der Planung. Mit Melvin M. Webber. In: ders.: Planen, Entwerfen, Design. Ausgewählte Schriften zu Theorie und Methodik. Herausgegeben von Wolf D. Reuter. Stuttgart, Berlin, Köln 1992, S. 13–36
  • (12) Die Siegel der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB zeichnen Gebäude für ihre »Nachhaltigkeit« aus. Nicht nur ästhetisch sind diese Auszeichnungen fragwürdig, etwa wenn Shopping Center ausgezeichnet werden, muss der Stadtplaner erhebliche Zweifel anmelden.
  • (13) http://www.kicker.de/news/fussball/chleague/startseite/569103/artikel_wenn-der-zweck-die-mittel-heiligt.html
  • (14) Unter parametrischem Entwerfen versteht man, verkürzt gesagt, ein Entwerfen, in dem der Entwerfer lediglich Parameter setzt und den Computer unter Begrenzung möglicher Grundelemente die dem jeweiligen Fall (Wetter, Last o. ä.) angemessene Form zu finden.
  • (15) Ingo Bohning: »Autonome Architektur« und »partizipatorisches Bauen«. Zwei Architekturkonzepte. ETH Zürich, Geschichte und Theorie der Architektur, Band 24, Basel 1981

Anmerkung

  • Diesem Text liegen Essays des Autors zugrunde, die auf http://www.german-architects.com veröffentlicht wurden. Sie wurden für diesen Beitrag zusammengeführt, überarbeitet und erweitert. 

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11. Januar 2013

Juli Gudehus

Eine Art Bundesverdienstkreuz für Gestalter in Deutschland

Gestaltung, die Ihnen das Leben erleichtert? … die Ihre Stimmung aufhellt? … Ihnen Zeit spart? Erzählen Sie hier davon! Auf unserem Portal findet Ihre Stimme bei denjenigen Gehör, mit deren Gestaltung Sie leben: App, Bühnenbild, Cartoon, Dosierhilfe, Entzugsklinik, Fotografie, Gebrauchsanleitung, Hotelausstattung, Infografik, Joghurtbecher, Kostüm, Landkarte, Messestand, Nothaltebucht, Overall, Parkanlage, Quirl, Rathaus, Spiel, Trailer, U-Bahn-Station, Verkehrsschild, Werbung, Xylographie, Yogazentrum, Zug ... das meiste an Gestaltung  nehmen wir kaum bewusst wahr, auch wenn es unser Denken, Empfinden und Handeln stets mitbestimmt. Manches aber ist so herausragend, dass wir uns wünschen, es gäbe mehr solcher Lichtblicke. 

Nicht über schlechte Gestaltung ärgern, lieber gute Gestaltung loben!

Darum: Wenn etwas Sie in letzter Zeit begeistert hat, schlagen Sie es für den »Ehrenpreis für Gestaltung« vor! Unsere sieben Preiskategorien verdeutlichen, dass wir vor allem jene Gestalter würdigen wollen, die forschen und experimentieren und ­die unsere Welt verschönern und verbessern.


Das Vorschlagen  funktioniert im Tandem-Prinzip. Den ersten Schritt machen Sie als »Pate«. Herzstück Ihres Vorschlags ist Ihr flammendes Plädoyer für diese Arbeit. Im zweiten Schritt wird der Gestalter benachrichtigt und gebeten, Ihren Vorschlag zu ergänzen. Da der Ehrenpreis ein nationaler Preis ist, müssen die Gestalter deutsch oder in Deutschland ansässig sein.

Das Bundesverdienstkreuz ist unser Vorbild.

Ihre gezielte und ausdrückliche Würdigung kann Gestalter, Auftraggeber und Hersteller zu weiteren guten Leistungen anspornen. Sie können auf unserer Seite auch die Vorschläge anderer diskutieren und für den Publikumspreis empfehlen. 28 Gutachter nominieren jeder ein bis zwei Arbeiten, sieben Juroren verleihen den Ehrenpreis – sobald erstmalig 200 Vorschläge vorliegen. Gutachter, Juroren und Datum der Verleihung geben wir dann bekannt. Ort der ersten Verleihung wird das Museum der Dinge in Berlin sein. Sollte »Ihre« Arbeit einen Ehrenpreis bekommen, werden Sie als »Pate« eingeladen, den Applaus bei der Preisverleihung mit dem Gestalter zu teilen.


Haben Sie noch Fragen? Na dann: los geht’s …


Viel Spaß!




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19. November 2012

Juli Gudehus

Raumschiff Ehrenpreis

Noah mag sich so ähnlich gefühlt haben, als er seine Arche fertiggestellt hatte und noch nicht wusste, wen und was er alles mit sich führen würde. Seit März 2012 arbeiten wir an der Konzeption und an der Umsetzung dieses Raumschiffs namens »Ehrenpreis«. Nun ist es fertig gestaltet, getextet und programmiert. Willkommen an Bord!

Wohin die Reise geht? Wir sind selbst ganz gespannt.

Wer, wie, was, wieso, weshalb, warum? … Claudia Stein hat Juli Gudehus Fragen gestellt, die Ihnen vielleicht auch schon durch den Sinn gingen:

Claudia: Was ist das für ein Preis, der da neu erfunden wird, den es noch nicht gibt?  

Juli: Im Grunde ist es eine Expedition, eine Schatzsuche. Ein Spiel, bei dem man vielleicht einen Blick für das entwickelt, worauf man sonst nicht so achtet und bei dem man auf einmal feststellt: da gibt es echte Schätze zu bergen. Wenn man erstmal diese »Brille« aufhat, mit der man auf diese Weise wahrnimmt oder diese Sachen wahrnimmt, dann kann das richtig Spaß bringen, stelle ich mir vor. 

Wer ist da angesprochen?

Vor allen Dingen sind diejenigen angesprochen, für die gestaltet wird: begeisterte Nutzer, zufriedene Auftraggeber, dankbare Konsumente, frohe Bewohner, stolze Lehrende, glückliche Besitzer, faszinierte Beobachter, entzückte Besucher …

Glaubst Du, das funktioniert?

Aber ja! Man muss sich mal einen anderen Berufszweig vorstellen. Schriftsteller zum Beispiel schreiben zwar auch gelegentlich für Schriftsteller, aber sie wollen doch vor allen Dingen von allen anderen Menschen gelesen werden. Und von denen kriegen sie Mengen von Feedback. Da gibt es Rezensionen, da gibt es Fan-Seiten, Leute erzählen sich davon, twittern darüber … und das stelle ich mir vor, könnte für Gestaltung genauso gehen. 

Wo wir hier gerade sitzen [schaut sich in Claudias Küche um] … Du könntest mir beispielsweise erzählen: »Schau mal, ich habe mir gerade die ul-ti-ma-ti-ve Teekanne gekauft. Weißt Du, wie toll das ist, dass die nicht tropft und so leicht ist …« was weiß ich, »hält warm wie Sau« oder … Nicht, dass das überhaupt niemand macht. Aber dieses Reden über Gestaltung finde ich so interessant, das kann noch viel mehr stattfinden. Das macht einfach Spaß, sich darüber zu unterhalten. Das macht genausoviel Spaß wie sich über Sport zu unterhalten!

Oder über einen Kinofilm.

Kinofilm! oder über irgendwas anderes. Essen, meinetwegen. Wenn man sich überlegt, wie differenziert Leute, die nicht Köche sind oder sonstwie beruflich mit Lebensmitteln zu tun haben, über Essen sprechen können! Und wir sind der Meinung, dass sie über Gestaltung genauso differenziert sprechen können, ohne beruflich damit irgendetwas zu tun haben. Weil sie es benutzen! 

Das ist die Idee: diesen Blick dafür zu öffnen, da die Tür aufzumachen und zu sagen: »Hey, kommt 'rein! Ihr seid hier herzlich eingeladen, Eure Meinung interessiert uns! Brennend!«

Das ist wahrlich ein anderer Ansatz. 

Wer redet denn normalerweise über Design?

Über das, was als »Design« vor allem wahrgenommen wird, über das Schöne und Schicke, reden viele. Über den gesamten Rest, der viel unspektakulärer ist und über den landläufigen Designbegriff hinausgeht, reden vor allem die, die beruflich damit zu tun haben. Gestaltung wird außerhalb von Fachkreisen selten rezensiert. Ein Gebäude etwa. So wie neulich das Richard-Wagner-Museum in Bayreuth. Aber das ist natürlich ein Politikum, wegen Wagner und Bayreuth und so weiter. 

Und da Architektur so eine Hauptdisziplin ist …

Ja. Vor kurzem gab es aber mal einen außerordentlichen Fall. Microsoft hat grade das erste Mal nach vielen Jahren sein Logo verändert. Auf einmal gab es dazu minutenlange Beiträge im Radio und Artikel in der Nicht-Fachpresse. Das ist doch toll. Das hat aber natürlich damit zu tun, dass Microsoft dieser Konzern ist. Dass es also offenbar doch interessant ist, über so etwas zu reden, bestärkt uns in unserer Annahme. Ich denke, dass es aber auch Spaß bringt, darüber zu sprechen, wie gelungen denn eigentlich zum Beispiel die Gestaltung der Imbissbude in Deiner Straße ist, warum Du da gerne hingehst – oder warum Du da noch nie warst. 

[nachdenkliches Schweigen]

Auf jeden Fall ist das ein neuer Ansatz und wir sind selbst ganz gespannt, wie es läuft. Es ist ja nur eine Annahme, dass es gehen könnte. Es basiert auf einer Summe von Beobachtungen, die ich in den letzten Jahren gemacht habe. Ich habe auch das Gefühl, dass … es möglicherweise gerade einfach dran ist? Weil wir als  Gesellschaft jetzt an dem Punkt angelangt sind, wo uns die Erkenntnis dämmert, dass Gestaltung unser Leben derartig bestimmt – mit allem, was darunterfällt, von Kommunikationsdesign bis Architektur. 

Wenn man an Design denkt, denkt man halt immer an schöne Sachen. Oder an Sachen, die von Künstlern gestaltet sind. Also – sowas stell ich mir dann immer vor: Alessi! Ferrari! …

Ja, das ist ein wunder Punkt. Ich vermeide ganz bewusst das Wort »Design«. Und ich stelle natürlich fest, dass ich, wenn ich von »Gestaltung« rede, bei meinem Gegenüber oft Fragezeichen sehe. Ich benutze diesen Begriff, weil ich finde, dass »Design« so ein ausgelutschtes, abgegriffenes Wort ist. Und genau von dem, was Du eben sagst, diese Alessi-Assoziation und dergleichen, was halt so bunt und fancy ist, davon wollen wir weg. 

Unser Wirtschaftsminister Rösler schreibt ja auf der Seite des »Designpreises der Bundesrepublik Deutschland«, den das Wirtschaftsministerium verleiht: »Gutes Design fällt auf.« Da gerate ich sofort in Harnisch. Das tut es nicht!! Das tut es eben nicht! Ganz oft fällt gutes Design eben nicht auf! Und wenn es nicht auffällt, wird es von den meisten Leuten nicht als Design bezeichnet. Und deswegen rede ich von Gestaltung. Denn: egal, wie gut es ist, es ist alles gestaltet. Von einem Laien oder von einem Profi, egal, es ist immer Gestaltung. Und es ist immer die Frage: wie gut ist das denn gelungen? Und was macht es mit unserem Leben? Das ist interessant.

Und wenn jemand sagt: »Hoh, voll die Designerbrille …« oder »Ich hab' mir 'n Designersofa gekauft« oder so, dann freue ich mich erstmal, dass er das wahrnimmt. Naja, vielleicht war ja auch das Etikett drauf »jetzt Designersofas im Sonderangebot!« oder so. Aber … die anderen Sofas sind auch alles Designersofas.

[lacht] … die sind auch alle gestaltet!

Natürlich! Selbst mit fiesem Muster und mit Eiche. Dann ist es auch ein Designersofa, denn: es hat ein Designer entworfen. Oder ein Gestalter. Oder wie auch immer man das nennt. Ich bleibe einfach gern bei »Gestaltung«. Das ist so ein schöner, offener Begriff – irgendwie altmodisch. Man kann ihn neu füllen. Außerdem: der Ehrenpreis spannt so einen großen Bogen, über so viele Disziplinen. Da sind einige dabei, wie Architekten oder Bühnenbildner, die von sich selbst nie im Leben sagen würden, dass sie Designer sind. Aber Gestalter sind sie natürlich. 

Das ist natürlich zentral, dieser andere Design- oder Gestaltungsbegriff, den Du hast. Ich glaube, Du kannst Dich darüber schlecht mit den klassischen Designern austauschen, oder?

Also, man muss mal festhalten, dass das der erste Preis ist für Gestaltung, der so offen ist, was die ganzen Disziplinen betrifft. Es gibt in den einzelnen Unterdisziplinen Preise wie Sand am Meer. Architekturpreise, Modepreise, Werbefilmpreise, Plakatpreise, rauf wie runter … sagen wir einfach: Preise plusminus für Gestaltung sind alle mehr oder weniger spezialisiert. Es gibt aber keinen, der wirklich komplett offen ist für alles, was man als Gestaltung bezeichnen kann. Ich meine, Du weißt es ja aus der Kunst oder aus der Musik: natürlich gibt es da Preise, die offen sind, spartenübergreifend. Da würde keiner einen Preis ausloben nur für Bronzeskulpturen und die auch nur bis zwanzig Zentimeter Größe. 

Doch.

Okay, die gibt's auch, aber das ist uninteressant. Wichtig sind die großen Kunstpreise. Und wenn jetzt jemand zu mir sagt: »Ja, wie kann denn das bitte gehen, alles unter einem Hut??« Dann kann ich nur sagen: natürlich geht das. Dass Leute, die sich auf einem gewissen Level mit Gestaltung befassen, in der Lage sind, auch die Qualität in den angrenzenden Disziplinen zu erkennen.

Das spielt jetzt auf die Juroren an?

Ja. Genau.

Erzähl mal was über die Juroren.

28 Gutachter und 7 Juroren werden beim Ehrenpreis für Gestaltung in zwei Etappen tätig. Die Gutachter dürfen auf unserer Website zu einem bestimmten Zeitpunkt jeder ein bis zwei Arbeiten aussuchen, die sie für preiswürdig halten. Für diese schreiben sie jeweils eine Empfehlung an die Jury. Den Juroren werden diese Arbeiten dann nach Möglichkeit im Original vorgelegt. Im Gegensatz zu den Gutachtern, die mehr oder weniger das Spektrum aller Designdisziplinen repräsentieren, werden die Juroren diese Felder nicht mehr en detail abdecken können. Wenn Du jetzt einfach nur einen Bereich nimmst wie Kommunikationsdesign, dann hättest Du allein … wenn ich anfange, das aufzuzählen, wird es langweilig … mindestens zwei Dutzend Unterdisziplinen. Und dann gehst Du in den nächsten Bereich … sagen wir: alles, was mit Kleidung zu tun hat … nein, das ist nicht zu machen. Deswegen: diese glorreichen Sieben sind sozusagen Meta-Figuren, die wir auch deshalb einladen, weil sie einen großen Radius haben, sich in mehreren Bereichen tummeln, einen weiten Blick haben und viel mitkriegen.

Bei mir hat sich natürlich auch sofort die Frage aufgetan: eigentlich könnten ja die Leute, die Sachen vorschlagen, auch Juroren sein? Also, jeder, der Gestaltung wahrnimmt, auch wenn er selbst kein Gestalter ist. Oder?

Es gab mal die Überlegung, in der Jury eine Person zu haben, die überhaupt gar kein Gestalter ist. Das fand ich sehr sehr spannend, vielleicht jemand aus der Philosophie oder Soziologie. Aber das ist jetzt ein bisschen in den Hintergrund getreten, weil diese Zahl von sieben einfach schon sehr begrenzt ist. Ich hatte vorher an eine Zahl wie zwölf gedacht, was aber wohl ein bisschen viel ist für eine Jury. 

Du erkennst schon, wenn ich das jetzt so erzähle: das hat sich auch alles erst geformt. Ich bin in diese ganze Chose einfach reingesprungen, wie in einen verlockend glitzernden See. Ich habe einfach gedacht, ich mache das jetzt, weil das heiß ist, und weil es das geben muss und das wird klasse. Durch viele Gespräche in den ersten Monaten ist dann erst so manches klarer geworden, schärfer und präziser. Und das gehörte dann eben auch dazu: wieviele Leute sind denn eigentlich sinnvoll, um in so einem Procedere zu guten Ergebnissen zu kommen? Ich habe mir von mehreren Leuten sagen lassen: sieben in einem Raum, das ist schon ganz schön viel, mehr sollten es nicht sein. Also, jetzt sind es sieben. Die Juroren decken die Meta-Bereiche »Gebäude«, »Raum«, »Illustration«, »Fotografie«, »Kommunikation«, »Kleidung« und »Produkt« ab, sehr wesentliche Bereiche. Aber das kann sich schon beim nächsten Mal ändern, weil die Juroren und Gutachter, wenn sie ihr Amt verrichtet haben, ihren Posten an jemanden weitergeben können, den sie für richtig halten. Das heißt, wenn diese 28 plus 7 alle ihr Amt an jemand anders weitergeben, dann kann nächstes mal die Sache schon erheblich anders aussehen. 

Das durchzieht im Grunde den ganzen Ehrenpreis, dieses Moment von: da sind Sachen überlegt, ganz stringent, wie eine Grundfläche, wo schon etwas eingezeichnet ist, wo etwas sein könnte, aber was dann wirklich darauf gebaut wird und wie das dann nachher so wächst oder was für Farben oder so, das wird sich dann zeigen. Da sind wir auch selber ganz gespannt. Es gibt immer wieder solche Querschläger, die sind eingebaut, damit das Ganze nicht so stromlinienförmig und langweilig wird.

Was gibt es noch in der Art?

Naja, zum Beispiel das. Dass wir da etwas aus der Hand geben, ohne es zu müssen. Ein spannendes Moment sind auch die sogenannten »Kuratoren«, diejenigen, die die Vorschläge prüfen und zusammen mit den »Paten« und Gestaltern zur optimalen Präsentation führen. Alles steht und fällt ja damit, wie sich jemand als Person in einer bestimmten Situation verhält – und was für Situationen kommen werden, weiß ich nicht und die Kuratoren kannte ich vorher auch nicht. Die hat uns ein günstiger Wind zugfächelt. Mir ist jedenfalls erst nach einem ganztägigen Workshop mit diesen 28 Kuratoren klargeworden, dass die das Ganze erheblich durch ihre Persönlichkeit mitprägen werden.

Was sind das für Leute?

Das sind Kommunikationsdesigner aus ganz Deutschland. Weil die ständig mit der Organisation von Informationen zu tun haben, sind die eine gute Besetzung sind an der Stelle. Sie sind eine Mischung aus Engel, Freund und Helfer auf der einen Seite und auf der anderen Seite Sachbearbeiter. Sie sorgen dafür, dass das, was sie nachher als Vorschlag auf der Seite publizieren, Hand und Fuß hat. Immerhin ist das dann öffentlich für alle zu sehen und zu kommentieren. Darum soll so ein Vorschlag nicht mal eben so hingeworfen sein. Wir wenden uns damit auch ganz dezidiert gegen das, was jetzt an vielen Stellen im Netz Usus geworden ist, nämlich irgendwo im Vorbeigehen irgendwas reinzupfeffern. »Ich finde das jetzt lustig, ich mach' da mal eben mit.«

Das wird beim Ehrenpreis für Gestaltung wahrscheinlich auch so ein Hups!-Moment sein. »Ach so? Ich soll da jetzt nochmal draufgucken? Da fehlt noch was?« … Ich denke, dieser Zwischenschritt wird der Sache gut tun, bevor ein Vorschlag wirklich vom Stapel gelassen wird. Dafür sind die Kuratoren da. Als eine Art Filter. 

Wenn Du so willst, sind vorne diese 28 Leute als Filter bevor irgendwas auf der Website erscheint und am Ende kommen die 28 Gutachter als weiterer Filter, wenn die aus allem, was bis dahin vorgeschlagen wurde, ihre Wahl treffen. 

Was mir gerade klar wird, ist … Ihr wendet Euch ja damit gar nicht an die Designwelt!? Ihr wendet Euch ja an die Öffentlichkeit.

Das ist der Clou. 

Es geht ja im Grunde darum, ob man überhaupt in der Lage ist, bestimmte Dinge und Aspekte wahrzunehmen. Das denke ich, tun schon alle Menschen mehr oder weniger. Aber das auch sprachlich zum Ausdruck zu bringen, ist nochmal etwas anderes. Es braucht für die Teilnahme am Ehrenpreis schon einen gewissen Bildungs- oder Intelligenzgrad. Wer sich für irgendetwas begeistert hat und sich die Zeit nimmt, das beim Ehrenpreis vorzuschlagen, versteht vermutlich, dass das nicht dem schnellen Effekt dient, sondern dass er damit auch eine Art Saat aussät, nämlich die Saat des Guten. 

Wir haben ja nicht ohne Sinn und Verstand diese kleine Kanne als Zeichen und dazu den Tropfen als eine Art Sub-Logo. Dieser eine Tropfen, den Du auf eine solche besondere Pflanze gießt, bringt nicht nur diese, sondern die ganze Spezies zum Wachsen und Gedeihen. Oder, um jetzt mal von der Pflanzenmetapher wegzukommen: es gibt jede Menge Gestalter in Deutschland. Viele sind sehr gut, arbeiten aus eigenem Antrieb und machen tolle Sachen. Aber sie haben das Problem, dass sie einfach nicht genug Geld verdienen, um mehr solche guten Arbeiten zu machen. Das haben wir bei diesem Preis im Hinterkopf. Genau dieser Blick auf die Welt, nämlich: wo könnte man denn eigentlich noch was schöner, schneller, lustiger, angenehmer gestalten, das möchten wir gerne fördern. Das heißt, die Leute, die sich die Mühe machen, solche Arbeiten vorzuschlagen, wissen, dass das einen Impuls setzt. Sie begreifen, dass wenn sie solche Schätze ins Rampenlicht holen und diese vielleicht sogar einen Preis kriegen, dass sie damit einen positiven Kreislauf in Gang bringen. Da freue ich mich eigentlich am meisten drauf. 

Eins ist klar: diese Vorschläge kriegen eine Öffentlichkeit. Du sagst: »Hier, das ist preiswürdig. Aus diesen und jenen Gründen ist das großartig.« Damit legst Du es den anderen hin und die können für den Publikumspreis ihre Stimme abgeben – separat von dem, was die Jury sagt. Und es ist kommentierbar. Da werden Leute vielleicht schreiben: »Ach, echt, so etwas gibt es? Das wusste ich ja noch gar nicht. Wo gibt's denn das?« Oder »Was soll denn daran bitte toll sein? Ich sehe da nichts«. Und dann wird jemand anders wieder schreiben: »Stimmt, das ist auch eher unauffällig gestaltet, aber ich hab es benutzt und das ist eine Wonne, weil …« Darauf freue ich mich, wenn da eine Diskussion entsteht und das den Gestaltern, Auftraggebern und Produzenten zugute kommt. Die haben alles etwas davon. 

Was würdest Du selber vorschlagen? Hast Du Dir darüber Gedanken gemacht?

Was ich selbst vorschlagen würde, wären definitiv Arbeiten, die in irgendeiner Form unser Leben positiv beeinflussen – ein bisschen oder ein bisschen mehr oder richtig doll. Und es wären wohl überwiegend unbekanntere Sachen. 

Der Grund ist: es gibt da einen Denkfehler bei allen anderen Konstruktionen. Du hast immer diesen Aufruf: »Leute, wenn Ihr denkt, Ihr habt was Tolles gemacht, dann könnt Ihr uns das schicken und dann beurteilen wir, ob wir das auch toll genug finden, um dem einen Preis zu verleihen.« Aber den Spieß umzudrehen: die Leute bewerben sich nicht, die schicken gar nicht ihren eigenen Kram da hin, sondern jemand anderes, der das toll findet …

… weist darauf hin. 

Auf etwas, was der Gestalter selbst nirgendwo eingereicht hätte – aus Bescheidenheit, Unkenntnis, Geldmangel, aus welchen Gründen auch immer. Das führt ganz sicher zu völlig anderen Ergebnissen.

Vielleicht habe ich auch nicht genügend recherchiert, aber ich wüsste nicht, dass es das irgendwo gibt. Außer beim Bundesverdienstkreuz. Und das hat mich auf die Idee gebracht. Da ist es nämlich so, dass jeder deutsche Staatsbürger sagen kann: »Hier, meine Nachbarin, die hat das verdient, weil …« und dann schreibt der sein Plädoyer. Es gibt eine wie auch immer geartete Stelle in unserer Regierung, wo diese ganzen Empfehlungen gesichtet und geprüft werden. Und dann gibt es eben für manche Leute dieses Bundesverdienstkreuz. Das finde ich fabelhaft. Das ist total persönlich, total schlank, total gradlinig und es hat nur gute Effekte. Genau so stelle ich es mir beim Ehrenpreis für Gestaltung auch vor. Mit dem Unterschied, dass derjenige, der dann den Preis bekommt, auch erfährt, wer seine Arbeit vorgeschlagen hat. Das bleibt beim Bundesverdienstkreuz nämlich geheim. 

Beim Ehrenpreis wird es so sein, dass derjenige, der sich so engagiert, mit auf die Bühnen kommen soll. Ich will, dass der auch Applaus kriegt. 

Toll. 

Wir sprechen von »Paten«. Wer einen Vorschlag macht, wird mithin zum Paten. Es hat ja schon etwas Fürsorgliches. Es ist ein In-Obhut-Nehmen und ein Dafür-Sorgen, dass etwas gut gedeiht. Insofern verspreche ich mir auch davon, dass die vorgeschlagenen Arbeiten schon eher Perlen sein werden, eher Sachen, die nicht so offensichtlich sind. 

Du kannst natürlich auch etwas Populäres vorschlagen, meinetwegen Deine Handschuhe von Adidas. Aber wenn Du mal irgendwo Kacheln gekauft hast, die Du ganz toll findest, dann musst Du erstmal herausfinden, wer die eigentlich gestaltet hat. Wer kennt schon Firmen, die Kacheln herstellen? Adidas kennt jeder. Ich freue mich auf solche unpopuläreren Vorschläge.

Wenn ich darüber nachdenke, was ich so praktisch finde – für mich ein ganz wichtiger Aspekt, als Mutter – was mir zum Beispiel sehr viel Freude macht ist hier meine Spülbürste, die unten so einen Saugnapf hat. Die ist von Ikea. Die kann ich aber wahrscheinlich nicht vorschlagen, weil sie nicht von einem deutschen Designer ist?

Vermutlich, ja.

Aber dann gibt es das Problem, Juli, dass die meisten Produkte, die wir hier in Deutschland haben, nicht in in Deutschland produziert sind.

Man darf sich ruhig von dem Gedanken an »Produkte« frei machen. Es geht ja auch um Gebäude, Kommunikation, und und und. Weißt Du, wenn Du zum Beispiel in einem Musical bist und findest das Bühnenbild total genial, dann kannst Du ziemlich sicher sein, dass das deutsche Gestalter waren. 

Oder jemand, der hier gearbeitet hat. Das sind ja auch oft Ausländer. 

Der Ehrenpreis ist ein nationaler Preis, um erstmal ein bisschen auf dem Teppich zu bleiben, was die Größe der ganzen Veranstaltung betrifft. Dennoch: der Gestalter einer vorgeschlagenen Arbeit muss nicht zwangsläufig ein Deutscher sein. Es darf auch jemand sein, der in Deutschland ansässig ist. 

Wir nehmen an, dass die Leute einschätzen können, wie wahrscheinlich es ist, dass etwas aus Deutschland oder von einem Deutschen ist und ob es sich lohnt, das herauszufinden. Wenn es zum Beispiel von Adidas wäre, von einer deutsche Firma, das könnte das wohl hinkommen. Während Du das iPhone von Apple gleich beiseite legen kannst. Das ist überhaupt gar nicht aus Deutschland. So toll es auch ist. 

So toll es auch ist. [lacht]

Es gibt soviele Unwägbarkeiten bei dem ganzen Vorhaben. Das ist aber auch total aufregend. 

Entscheiden die Kuratoren auch darüber, ob etwas passt?

Es gibt eine extrem offene Definition von dem, was als Gestaltung beim Ehrenpreis willkommen ist. Nämlich alles, was eine Funktion hat, ein Aussehen hat und von Menschenhand geschaffen wurde. Das ist wirklich wahnsinnig allgemein, ein bisschen wie eine mathematische Formel. Aber wenn man sich das mal auf der Zunge zergehen lässt, stellt man fest, dass darunter eine ganze Menge fallen würde. 

Da ich hier gerade auf die Kinderbilder auf der Wand gucke: das würde natürlich auch auf die zutreffen. Das wäre als Vorschlag zwar echt grenzwertig, aber auch die haben gewisse Funktionen: Geschenk, Stimmungsaufheller, Dokumentation … Darum würde ich denken: schlag es halt erstmal vor und dann bin ich gespannt auf Dein Plädoyer! Und vor allem bin ich neugierig, in welcher Kategorie Du das vorschlägst. Es gibt nämlich sieben Kategorien, die als Filter dienen. 

Was sind das für Kategorien?

Die Gemeinsamkeit aller Kategorien ist, dass sie für Arbeiten offen sind, die unser Leben als Individuum oder als Gesellschaft auf positive Weise beeinflussen. Und dann gibt es verschiedene Ausprägungen. Unter »weniger ist mehr« fallen zum Beispiel Arbeiten, die Zeit, Nerven und Kraft sparen. Eine andere Kategorie gilt Arbeiten, die sich mit unangenehmen Themen befassen. Einer andere ist offen für Arbeiten, die stimmungsaufhellend oder erheiternd sind. Und so weiter. 

Wenn Du eine Arbeit toll findest und sie passt in keine Kategorie, dann … tja, dann ist sie nichts für den Ehrenpreis. Der Kurator wird das entsprechend zu Bedenken geben. 

Die Devise ist aber, grundsätzlich offen zu sein. Allerdings: wenn Du am Straßenrand eine Blume pflückst …

[lacht]

… und Du findest die super gelungen und schlägst die für den Ehrenpreis vor und argumentierst so: »der Schöpfer ist der liebe Gott …« dann würde der Kurator antworten: »Prima, das ist wirklich eine schöne Blume, aber ich glaube nicht, dass Gott kommen kann um den Preis abzuholen.«

Naja … alles was recht ist …

[lacht immer noch] Das ist toll. Das ist total verrückt. Ich merke richtig, wie mir schwer fällt, diese herkömmliche und tief eingeprägte Designvorstellung loszulassen um mich wirklich dem zu öffnen, was ich benutze oder was schön ist, was mir nützt oder was mich bezaubert. 

Plus: wir reiten überhaupt nicht darauf herum, ob es jemand vom Fach gestaltet hat. Eine selbstgebautes Spielzeug etwa geht auch oder eine Verbindungsstück zur Dachmontage von Solarzellen. Etwas, das vielleicht kein studierter Gestalter entworfen hat, sondern ein Ingenieur oder ein Klempner hat daran herumgetüftelt. Ich bin total gespannt, ob solche Vorschläge auch kommen, weil das für meinen Begriff auch Gestaltung ist. Mir ist vor allem wichtig, dass jemand darüber nachdenkt, wo etwas noch besser sein könnte, als das, was es schon gibt. Dass jemand zum Beispiel feststellt: »Mann, ich verirre mich da ständig« oder »Ich muss da immer die Brille aufsetzen« oder »Da klemme ich mir so oft die Finger« oder »Warum tropft denn das eigentlich?« Und dann hast Du mal eine Sache, wo Du denkst: »Was für eine Wohltat, da hat sich ja endlich mal jemand Gedanken gemacht!« 

Uns geht es um eine Geisteshaltung, um eine freundliche, positive Haltung. Extrem lebensbejahend. So wie wir selbst jetzt das heiße Eisen anfassen und diesen Preis ins Leben rufen, sagen andere Leute in anderen Gebieten: »Das kann doch nicht angehen. Ich nehme mich jetzt dieses Problems an. Mal gucken, ob es mir nicht gelingt, da was Gescheites zu machen.«

Das ist der sehr große, aber doch gemeinsame Nenner, Gestaltung in diesem Sinne. Das heißt, so etwas wie reiner Sound oder reiner Text oder reine Bewegung sind nicht für den Ehrenpreis geeignet.

Und Kunst?

Da würden wir es genauso sehen wie bei etwas, was vielleicht eher eine Ingenieursleistung ist. Da gibt es so viele Grauzonen zwischen Kunst und Design oder zwischen Kunst und Architektur oder Kunst und Mode. Darauf sind wir viel zu neugierig, als dass wir da schon die Tür zumachen würden. Wir sind vielmehr gespannt, was für eine Diskussion darüber in Gang kommt. Künstler, die sich zum Beispiel mit Kleidung künstlerisch arbeiten, oder Modedesigner, die in Richtung Kunst gucken, interessieren mich persönlich ganz besonders. Die machen Türen auf. Und die Fenster. Die machen alles auf und gucken raus. 

Warum heißt der eigentlich »der Ehrenpreis«?

Der Name ist zufällig entstanden. Ich hatte schon eine Weile lang überlegt, so einen Preis zu machen, hab aber immer nicht so richtig den Elan dafür aufgebracht. Dann aber gab es mal ein Gespräch mit einem Gestalter, der … nein, ich muss wohl doch weiter ausholen. 

Also, die Geschichte ist die. Vor sechs Jahren wurde ich für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland nominiert. Diese Mitteilung bekam ich in einem Din-A-4-Umschlag per Post, sehr wertig aufgemacht. Ich freute mich, war ganz verblüfft, machte das auf, las, sah mich schon dem Wirtschaftsminister die Hand schütteln …

[lacht]

… dann las ich das Kleingedruckte und stellte fest, dass das Ganze nicht so weit war, wie es den Eindruck machte, sondern dass ich erst am Anfang eines Wettbewerbs stand, den sie auslobten. Um daran teilzunehmen, sollte ich um die 300 Euro zahlen und wenn ich gewonnen hätte, nochmal zweitausend-noch-wieviel, also ich hätte insgesamt ungefähr 3.000 Euro investieren müssen, um den Staatspreis überhaupt kriegen zu können. Das fand ich so ärgerlich. Plus die Erkenntnis, dass der Staat sich nicht die Mühe macht, herauszufinden, wer eigentlich gute Arbeiten macht, sondern einfach den Rahm abschöpft bei den existierenden Preisen. Alles, was da gewonnen hatte, wurde automatisch für den Staatspreis nominiert. Das fand ich einfach nicht richtig. Das ist keine Ehre, sondern im Grunde eine Frechheit.

Offiziell handelt es sich allerdings auch um einen Wirtschaftsförderpreis und nicht um einen Ehrenpreis. Darüber unterhielt ich mich einmal mit dem bekannten Gestalter Friedrich Forßman, der sagte: »Ehrenpreis? ist das nicht so eine kleine, blaublühende Pflanze? Lateinisch Veronica?« 

Da hat es bei mir gezündet. Da dachte ich: das ist ja wohl überhaupt der allerbeste Name für den Preis, den ich die ganze Zeit schon machen will! Mir hat diese Doppeldeutigkeit so gefallen. Später habe ich recherchiert, dass diese unscheinbare Pflanze so artenreich ist wie kaum eine andere – das passt ganz phantastisch zur Gestaltung, die auch in so vielen Unterdisziplinen daherkommt. 

Mittlerweile bin ich gar nicht mehr so sicher, ob das so gut ist, dass das Wort »Preis« schon im Namen steckt. Im Zuge der Arbeit daran haben wir nämlich festgestellt, dass das eigentlich Interessante nicht der Preis ist, sondern das, was damit in Gang gesetzt wird: dass Fachleute mit Laien und Laien mit Fachleuten über Gestaltung sprechen, dass es einen Ort gibt, wo man sich austauschen kann.

Kennst Du Wiki Commons? Wikiversity? Das sind Unterseiten von Wikipedia. Da geht es um weitere Arten von Verbreitung von freiem Wissen. Auf Wikiversity gibt es lauter Fachbereiche, wie Germanistik und Biologie und und – ja, glaubst Du, da wäre Design irgendwo vertreten? Natürlich nicht. Das finde ich sehr symptomatisch. Darum: dafür zu sorgen, dass sich Leute anfangen, sich auch für diesen Bereich zu interessieren, das reizt mich. 

Dennoch werden bestimmt irgendwelche ketzerischen Stimmen kommen: »Die Leute interessieren sich eher für Sport, warum sollen die sich auf einmal für Gestaltung interessieren? Da kann ich nur sagen: weil es immer Leute gibt, die sich für alles mögliche interessieren. Und wenn da ein neuer, frischer Wind wo weht, dann ist das schon interessant. Es wird sich schon zeigen, ob da was passiert. Über Sport und Wetter kann man ja dann immer noch reden.

Ich überlege, wann ich mich über Gestaltung unterhalte. Wahrscheinlich öfter, aber wenn ich überlege, was ich vorschlagen würde, fällt mir erstmal gar nichts ein. Wahrscheinlich muss man es mitnehmen ins Leben und dann im geeigneten Moment denken: »Ha, dafür gibt's doch jetzt was!« 

Ich habe bei Dir schon etwas gesehen, was ich vorschlagen würde. Ich weiß nicht, ob es von einem deutschen Gestalter ist. Dieser Doppel-Klodeckel für Kinder und Erwachsene, der ist mir aufgefallen. Das ist ja mal toll gelöst. 

Das gibt es schon länger, das haben mehrere Firmen im Angebot. Einer hat mal damit angefangen. Es gibt ja auch Patente für solche Sachen. 

Eine mögliche Unschärfe. Wenn Du etwas toll findest und Du weißt nicht, dass das vielleicht jetzt schon in einer kleinen Tradition von anderen steht, die das auch so machen. Das kannst Du ja nicht wissen. Aber das wird sich später zeigen. 

Das machen die Kuratoren für mich?

Du schreibst, warum Du das so gut findest und Du findest heraus, wer es gestaltet hat, auch die Mailadresse dieser Person oder Firma, damit diese von Deinem Vorschlag in Kenntnis gesetzt werden und mit ihren Daten komplettieren kann. Wenn sich später herausstellen sollte, dass es in der Art schon andere gibt, dann könnte sehr gut sein, dass die Diskussion im Netz das zu Tage fördern wird. 

… und dann fliegt es wahrscheinlich auch wieder raus, oder?

Es fliegt nicht raus, behält aber diesen Anhang von Kommentaren. Natürlich kann passieren, dass niemand die Arbeit kommentiert. Vielleicht bekommt sie ja einen Preis, weil sich alle einig sind, dass das klasse ist und dann stellt sich heraus, dass die Qualität für die es ausgezeichnet wurde nicht auf dem Mist der Gestalter gewachsen ist … Gratwanderung.

Ja, das ist überhaupt die Gratwanderung zwischen Erfindung und Gestaltung. Wo ist da die Grenze?

Wir ziehen die nicht. Du kannst ja Ideen nicht rechtlich schützen. Und »Idee« ist gleich »Erfindung«. Du kannst nur ein Geschmacks- oder Gebrauchsmuster anmelden. Da zählt, wie es im Einzelnen gemacht ist. So kommt es zu völlig irrwitzigen Streitereien, wo beispielsweise die Telekom eine kleine Firma verklagt, weil diese ein großes T in ihrem Logo hat. Darüber kann ich als Typografin nur den Kopf schütteln, weil es gestalterisch null Ähnlichkeit miteinander hat. Die »Idee«, ein großes T als Logo zu verwenden … erstaunlich, dass eine Firma wie die Telekom findet, dass sie das schützen müsste. Das kann aber natürlich nicht angehen. Dann muss man sich auch über die so genannte »Schöpfungshöhe« unterhalten. 

Nein, da wollen wir uns gar nicht in Teufels Küche begeben. Wir bieten da eine Manege und wir bieten unsere Hilfe an, damit ein runder und stimmiger Eindruck der Qualitäten der jeweiligen Arbeit entsteht. Mehr können wir nicht leisten. Wir sind ja keine Stiftung Warentest oder so etwas. Und nebenbei bemerkt kann das auch niemand anders leisten. In der Vergangenheit gab es bei anderen Preisen natürlich Fälle, wo angefochten wurde, dass etwas ausgezeichnet wurde, weil jemand anders das so oder ganz ähnlich schon früher gemacht hat. Das Problem können wir nicht lösen.

Kann man als Gutachter und Juror auch Arbeiten vorschlagen?

Nein. Das hatte ich mir zwar ursprünglich anders überlegt, weil ich gut fand, dass wirklich alle als Scouts unterwegs sind, ganz besonders die Fachleute mit dem kundigen Blick. Aber mir leuchtet ein, dass das den Vorwurf der Befangenheit mit sich bringt. Umgekehrt darf auch während ihrer Amtszeit keine ihrer Arbeiten vorgeschlagen werden. 

Es gibt aber definitiv mehrere Wege, unsere Konstruktion zu unterlaufen. Wenn etwa Gestalter ihre Auftraggeber oder sonstwen bitten, eine ihrer Arbeiten vorzuschlagen. Klar ist das Vetternwirtschaft und auch nicht im Sinne des Ehrenpreises, aber wir können auch das nicht nachprüfen, ob jemand aus eigenem Antrieb handelt oder um jemandem einen Gefallen zu tun.

Wir können deswegen nur auf die Fairness und – naja, das klingt jetzt so altmodisch – Ehrenhaftigkeit der Leute bauen.

Erklär nochmal, wie das funktioniert. Zentral ist ja die Webseite als Plattform, wo das alles gesammelt wird.

Die Startseite zeigt immer die jüngst vorgeschlagenen Arbeiten. Du kannst auf unserer Website herumstöbern und Dir erstmal einen Eindruck verschaffen, wie unterschiedlich andere daran herangehen. Allein die Plädoyers der Paten sind schon so verschieden. Eher lang, eher knapp, manche trocken, manche blumig. Auch die Arbeiten werden sehr sehr unterschiedlich sein. Dann hast Du vielleicht selbst Lust etwas vorzuschlagen, was plusminus so dazwischen passt oder aber die Grenzen strapaziert – wie auch immer, es wird auf jeden Fall grundsätzlich willkommen sein. Es gibt einen Button, da steht »vorschlagen«, da drückst Du drauf und dann geht die Arie los. Da wählst eine Kategorie aus, dann stellst Du einen Schnappschuss von »Deiner« Arbeit ein, Dein Plädoyer dazu, den Namen des Gestalters und seine Mailadresse. Wir prüfen dann, ob die Kategorie passt und ob aus Fürsprechersicht vielleicht noch mehr zu sagen wäre. Wenn alles da und alles gut ist, wird der Gestalter benachrichtigt. Das ist dann der Arie zweiter Teil. Der Gestalter komplettiert diesen Vorschlag mit seinem Bildmaterial, ergänzt Detail-Informationen – zum Beispiel Maße, Materialien, Standort und so weiter – und er beschreibt seine eigene Perspektive auf diese Arbeit. Im Endeffekt ist beides zusammen so wie Ying und Yang: die Sicht des Paten zum einen und die des Gestalters zum anderen. Zwei verschiedene Perspektiven auf die gleiche Sache. Stereo. Davon versprechen wir uns einen 3d-Effekt. Der Gestalter sagt vielleicht Sachen, die man als Empfänger gar nicht wissen kann, bringt rüber, mit wieviel Wissen, Erfahrung und Zeitaufwand das wohl verbunden war. Dieses Aus-dem-Nähkästchen-Plaudern kann sehr aufschlussreich sein, weil für viele doch recht undurchsichtig ist, was Gestalter eigentlich machen. Für die Gestalter wiederum wird spannend sein zu hören, was der Benutzer schreibt, wie es ihm damit geht, was das mit ihm macht.

Dann kommt als drittes hinzu, dass man als Besucher die auf unserer Seite publizierten Arbeiten kommentieren kann. Da kann potentiell zu jedem einzelnen Vorschlag eine Diskussion in Gang kommen. 

Und man kann sie bewerten.

Genau. Du hast pro Arbeit eine Stimme, die Du ihr geben kannst. 

Das wäre dann der Publikumspreis.

Ja. 

Und die Paten? werden sie auch erfasst? kann man sehen, wer das ist? wie alt? woher?

Bei jeder Arbeit steht, wer sie vorgeschlagen und wer sie gestaltet hat. Und wenn Du da draufklickst, landest Du in dem jeweiligen Profil und erfährst was und wieviel auch immer jemand Lust hat über sich preiszugeben. Siehst vielleicht auch ein Foto der Person.

Ach so, die Gestalter auch! Ah. Wow.

Wenn sich jemand registriert, bitten wir darum, Name und Wohnort anzugeben. Das kann man natürlich faken. Aber die Idee ist: wir wollen uns austauschen – nicht anonym, sondern ganz verbindlich und persönlich. Das ist wesentlich beim Ehrenpreis. 

Du fragst Dich also: wer hat denn das vorgeschlagen? Ah, eine Lehrerin aus Castrop-Rauxel, die mit ihren Schülern die und die Projekte macht … 

Oder ein Bauer aus Buxtehude.

Genau, und wenn er seine Mailadresse zeigt und Du Lust hast, mit dem Kontakt aufzunehmen, dann hast Du eine nicht so offensichtliche, aber sehr wichtige Ebene des Ehrenpreises betreten.  

Von diesem Bereich können wir noch gar nicht sagen, wo der sich wohl hinentwickelt. Stell Dir vor, Du bist Schuldirektorin und besuchst die Seite aus professionellen Gründen, weil Du wissen willst, was es eigentlich für gelungene Projekte im Bereich Schulhofgestaltung gibt. Du gibst in der Suche »Schulhof« ein. In ein paar Jahren gibt es dann sicherlich einige solche Arbeiten beim Ehrenpreis. Deren Schöpfer kannst Du dann ganz bequem direkt kontaktieren. Vielleicht interessiert Dich ja auch nur ein Detail, nicht die Gestalter, sondern Du bemerkst, dass die Firma, die das Pflaster verlegt hat, bei Dir in der Gegend ansässig ist. Wenn der Gestalter solche Beteiligten mit deren Website genannt hat, dann ist es auch hier nur ein Schritt für Dich. 

Die Gestalter werden von uns gebeten, das auf sie gerichtete Rampenlicht mit denjenigen zu teilen, die an der Arbeit beteiligt waren. Davon haben nämlich auf lange Sicht alle was, wenn sie ihre Sache gut gemacht haben.

Und was ist der Preis?

Dem Namen entsprechend besteht der Preis vor allem in der Ehre, ihn zu bekommen. Diese Ehre ist wirklich eine Ehre, da Du Dich um sie nicht bewerben kannst. Sie wird Dir unverhofft zuteil oder nicht. Vorausgesetzt, Du hast keinen Strohmann dafür engagiert, Deine Arbeit vorzuschlagen und hast nicht Deine hunderttausend Freunde darauf angesetzt, den Publikumspreis für Dich klarzumachen. 

Zusätzlich zu der Ehre möchten wir dafür sorgen, dass die Preisträger auch ein Preisgeld bekommen. Wir werden uns darum bemühen, auch hierfür Sponsoren zu finden. Das ist übrigens außerordentlich in unserer Disziplin. Da muss man normalerweise im Gegenteil Geld zahlen, um an einem Wettbewerb überhaupt teilnehmen zu dürfen. Preisgelder kannst Du da wirklich mit der Lupe suchen. 

Wenn ich mir vorstelle, dass die Preisträger diesen besonderen Blick haben und diesen Drive und wenn die ein paartausend Euro kriegen und mal eine Weile lang unbehelligt arbeiten können, ohne sich darüber Gedanken machen zu müssen, wie sie Mäuler stopfen und Mieten bezahlen können, dann denke ich mir: das wird uns als Gesellschaft zugute kommen. Und ihnen selbst. Da schließt sich der Kreis für mich. 

Aber allein die Ehre, die wir entsprechend publik machen werden, das entsprechende Rampenlicht bedeutet mehr Leute, die ihnen zutrauen, dass sie gute Sachen machen. Auftraggeber, die im besten Fall auch besser bezahlen und mehr Leine lassen. Auch das ist wichtig. 

Das ist ja auch so ein Ding. Beim Vermitteln dieser Arbeit, die da gemacht wird … wenn man mit diesen festgezurrten Klischees zu tun hat, dann gehört dazu auch dieses vollkommen unausrottbare Klischee des Gestalters als Oberflächenverhübscher. Jemand, der erst ganz am Ende hinzugezogen wird, um noch ein bisschen was schön zu machen. Da kann ich mich total drüber aufregen. Es ist nämlich so, dass Gestalter ganz oft ganz fundamental denken und es wäre im Gegenteil richtig, sie schon ganz am Anfang dabeizuhaben! Weil sich dann schon alles ganz anders entwickeln würde! Und die Designer, die das mit sich machen lassen, sich erst am Ende einspannen zu lassen, die werden beim Ehrenpreis sowieso nicht reüssieren. Mich interessieren Gestalter, die sich einmischen und sagen: »Was, so weit seid Ihr schon? Nee, das haut aber nicht hin. Ich kann Euch das schönmachen, klar, aber das wird weder Euch noch der Sache guttun. Am besten gehen wir nochmal drei Schritte zurück.« 

Wie bist Du eigentlich dahingelangt? Von dieser persönlichen Erfahrung mal abgesehen? Einen Designpreis zu erfinden ist ja auch eine Designleistung.

Es gibt viele Wege dahin. Einer davon mein jüngstes Projekt, ein dreitausendseitiges Buch, das »Lesikon der visuellen Kommunikation«. Auch das wendet sich schon an die Nicht-Gestalter. Dass mir das gelungen ist, hat mich selbst überrascht. Und es macht mich zuversichtlich. 

Während ich nämlich an diesem Buch arbeitete, dachte ich, dass das vor allem für Fachleute interessant wäre. Aber mehr und mehr hatte ich Lust, es so anzulegen, dass es genauso zu unseren Auftraggebern spricht. Also ein Schritt raus aus der Fachwelt. Dann dachte ich auch an unsere Dienstleister und dann … warum nicht den Radius noch weiter vergrößern … und siehe da: das »Lesikon« ist durchaus kein Fachbuch. Oder doch, es ist eins. Aber wer mit meiner Disziplin nichts zu tun hat, kann das ebenfalls mit Gewinn lesen. Die vielen positiven Reaktionen darauf machen mich mutig, so etwas wie den Ehrenpreis anzugehen. Ich merke, dass es ein Grundinteresse gibt, eine Grundfähigkeit und -bereitschaft, sich damit zu befassen. Weil es mit unserem Leben zu tun hat! Das ist sehr wahrscheinlich der gemeinsame Nenner. 

Du kannst wahrscheinlich auch irgendein anderes Feld nehmen. Philosophie. Da kann man sich so verquast ausdrücken wie Hegel, was kein Mensch versteht, oder wie Kant, das ist wie reinstes Quellwasser, jeder kann es verstehen. Und ich will da hin. Horizonterweiterung, Erkenntnis in einem ganz bestimmten Bereich.

Was hat es mit diesem »Lesikon« auf sich?

Im Prinzip ist es eine Collage von Äußerungen von etwas über 3.500 Personen, von Fachleuten und Laien, von heute bis von vor über zweitausend Jahren. Diese Texte habe ich miteinander in Zusammenhang gebracht. Wenn Du einen Begriff nachschlägst, findest Du immer mehrere Texte dazu, anders als in gewöhnlichen Nachschlagewerken. Dieses Beleuchten aus verschiedenen Perspektiven, teilweise sich widersprechend, teilweise sich reibend oder ergänzend, das ist etwas, was ich in dieses neue Projekt mitnehme. Beim Ehrenpreis geht es auch genau darum: dass es nicht die eine gültige Wahrheit gibt, sondern dass verschiedene Leute völlig berechtigt unterschiedliche Positionen vertreten und diese gescheit verargumentieren. »Ich find's scheiße« oder »Is ja super« reicht mir dann noch nicht. Ich will hören, was genau daran gut ist. Okay, das ist schön leicht, sagst Du meinetwegen, und weiter fällt Dir nichts mehr dazu ein. Und dann stellst Du fest, wie schwierig das ist, darüber zu reden! 

In dem Maße aber, in dem Du viel über etwas redest, wächst aber auch Dein Vokabular. Und das ist so großartig! 

Ich meine … frag mal ein Kind, wie es geschmeckt hat. »Gut!«, sagt es wahrscheinlich. Klar, das Kind kann Dir noch nichts über Gewürze sagen oder über Zubereitungen. Das kommt erst noch. Und das macht Spaß. Je mehr Du in Worte fassen kannst, desto mehr nimmst Du auch wahr. Und umgekehrt.

Wie bist Du eigentlich zur Gestaltung gekommen?

Wahrscheinlich war immer schon klar, dass ich komische Sachen machen würde. Aber auf welchem Sektor, das wurde mir nicht in die Wiege gelegt. Eigentlich gab es keine Anbahnung, dass ich ganz genau in diesem Bereich landen würde. Ich habe nur immer wieder den Verdacht, dass ich genau solche Sachen auch dann machen würde, wenn ich beruflich einen anderen Weg eingeschlagen hätte. Offenbar hat es eher mit meiner Geisteshaltung zu tun oder mit meiner Weltwahrnehmung oder mit meiner Persönlichkeit vielleicht auch. 

Mit meinen Helden … Pippi Langstrumpf ist immer noch mein großes Idol. Diese Fröhlichkeit, dieses Ich-mach's-einfach und Warum-kann-man-es-denn-nicht-anders-machen?, diese Freundlichkeit und sehr positive Weltsicht, das hat mich wohl als Kind schon geprägt. Außerdem gibt es einen gewissen Familien-Erbteil von Wortwitz und Begeisterung für Sprache, von austüfteln und spielen. Spielen ist total wichtig. Spielen finde ich sehr attraktiv. Meinen beruflichen Werdegang finde ich gar nicht so interessant zu erzählen. Ich könnte Dir Stationen nennen, aber viel entscheidender sind die Eindrücke auf meinem Weg. Zum Beispiel mit Büchern von F.K. Waechter aufzuwachsen oder später einen Künstler wie Timm Ulrichs für mich zu entdecken und derartig zu studieren, zu inhalieren, seinen Witz und Hintersinn und Schelmentum so zu verinnerlichen, so etwas hat mich geprägt. Viel mehr, als dass ich in Düsseldorf visuelle Kommunikation studiert habe oder meine Lehre als Verlagsbuchhändlerin in einem Kunstbuchverlag. Das hat mich auch irgendwie beeinflusst, aber vergleichsweise viel weniger, scheint mir. 

Vielleicht auch die Tatsache, dass in mein Poesiealbum, das ich als Kind hatte, gleich von zwei verschiedenen Leuten dasselbe Zitat von Goethe geschrieben wurde, nämlich: »Ursprünglich eigen Sinn lass dir nicht rauben! Woran die Menge glaubt, ist leicht zu glauben.« 

Toll. Und wo nimmst Du immer die Kraft her, beim Eigensinn zu bleiben?

Eigentlich bin ich gar nicht so kräftig. Aber vielleicht habe ich so ein bisschen … ich weiß gar nicht, was ist das für eine Disposition? Vielleicht bin ich ein bisschen wie so ein Rauhaardackel … wenn der sich mal an einem Stöckchen festgebissen hat, dann lässt der so schnell nicht wieder los, dann kannst Du den Stock hochheben und der hängt da immer noch dran. 

[lacht]

Das bin ich. Ich habe eine Wahnsinnsausdauer, eine Wahnsinnskraft, wenn ich auf der Spur bin und weiß, dass DAS das Ding ist. Ich muss das dann machen. Aber das heißt nicht, dass ich immer und bei allem Kraft habe. Jetzt beim Ehrenpreis und auch vorher beim Lesikon hatte ich schon immer mal wieder Momente, wo ich mich gefragt habe, ob ich eigentlich vollkommen wahnsinnig bin, dass ich denke, dass ich das schaffen könnte. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, unter anderem bei diesem Dreitausendseitenbuch, dass so etwas Wahnsinniges geglückt ist. Ja, geglückt, denn es hat ja nicht nur mit meiner Person zu tun. Auch günstige Umstände haben eine Rolle gespielt. So etwas macht mich zuversichtlich. Das ist eine tolle Erfahrung.

Wie packst Du den Ehrenpreis jetzt an? Wie bringst Du den ins Rollen? Was sind das für Prozesse, wie sind die gestaltet?

Im Februar dieses Jahres gab es kurz hintereinander einige Ereignisse, die mir das Gefühl gaben, dass der Ehrenpreis jetzt dran ist, dass ich das jetzt machen muss. Eines davon war ein Artikel, um den mich eine Werbezeitschrift bat. Da ging es um Designpreise. Zeitgleich stellte das Wirtschaftsministerium eine »Reform« seines Staatspreises vor, die sich als eigentlich keine entpuppte. In meinem Artikel habe ich mich aus dem Fenster gelehnt und das öffentlich gesagt, sogar den Ehrenpreis schon angekündigt. Dann kriegte ich kalte Füße und wollte einen Rückzieher machen. Aber eine Freundin sagte: »Nee, Juli, das kannst Du jetzt nicht mehr abbrechen. Let's face it, Du bist doch schon im sechsten Monat damit.« 

Dann war ich wie frisch verliebt in dieses Projekt, ganz euphorisch, und habe mich darüber gefreut, dass mir so viel zugeflog. Ich bin rausgegangen und habe Leuten davon erzählt, was ich da vorhabe. Deren Feedback zeigte mir: da bin ich etwas Heißem auf der Spur. Unter anderem habe ich mich ja auch mit Dir darüber unterhalten. Deine Reaktion war für mich wirklich ein Zünglein an der Waage. Durch diese ganzen Gespräche mit klugen Leuten hat das Ganze an Schärfe und Präzision gewonnen, hat eine enorme Eigendynamik entwickelt und vor allem eine Anziehungskraft. Und schwupp: innerhalb von kurzer Zeit ist bereits über ein Dutzend Leute an Bord gegangen, die mitwirken. Inzwischen kommen noch die 28 Kuratoren hinzu, einige der Gutachter und Juroren habe ich schon gewonnen …

Ich finde faszinierend, wie da so etwas in Gang kommt. Dass Leute mich aus eigenem Antrieb fragen, was es zu tun gibt und ob sie mitmachen können. Anfang dieser Woche mailte mir eine Illustratorin, dass sie das mit dem Ehrenpreis ganz fabelhaft fände und sich als frischgebackene Gastprofessorin als Jurorin andienen wolle. 

Ja, so geht das jetzt. Eins kommt zum anderen. Das ist gut.

Sieht so aus, als wären alle, die davon etwas erfahren, auch ganz gespannt. Auf der einen Seite kann man es sich vorstellen, das Konzept ist da, auf der anderen …

Ich erinnere mich noch, wie mein erster Eindruck von Twitter war. Oder von der Pfingsttagung damals. In beiden Fällen hat mir jemand davon erzählt und dabei so ein Funkeln in den Augen gehabt. Ich war skeptisch. Bei Twitter habe ich mich dann aber einfach angemeldet und das kam für mich erst langsam ins Rollen. Und jetzt, nach dreieinhalb Jahren, bin ich da ständig, das hätte ich nicht für möglich gehalten. Als mir vor vielen Jahren jemand von der Pfingsttagung erzählte, hörte sich das für mich erstmal komisch an. Ich bin erst im folgenden Jahr hingefahren. Das war allerdings ein solches Erlebnis, dass ich seitdem anderen in glühendsten Farben davon vorgeschwärmt habe. Seither gehe ich auf die Pfingsttagung, ununterbrochen seit achtzehn Jahren, und mich reut dieses eine Mal, das ich schon früher hätte dort hätte sein können. 

Der Ehrenpreis nun erschließt sich manchen offenbar schon im Vorfeld. Die riechen was, ahnen was, die spüren, dass da was prickelt. Ich kann nur hoffen, dass sich das fortsetzt. Dass es jetzt am Anfang auch Verwirrung und Unverständnis gibt, ist nicht schlimm. Erstmal machen, und trotz sorgfältiger Planung wird sich viel auch ergeben. Sich dem Tanz, dem neuen Spiel überlassen, gucken was passiert, darum geht es. 

Neulich erzählte ich jemandem vom Ehrenpreis und mein Gegenüber hatte schon mehreres genannt, was er daran alles schwierig findet. »Frau Gudehus,« meinte er dann beinahe vorwurfsvoll, »Sie sind ja eine Optimistin.« Da stand vor mir dieses Glas, das war zufällig gerade halb voll. Das hob ich hoch, prostete ihm zu und sagte: »Ach, wissen Sie, für mich ist das Glas tatsächlich halb voll.« Dann nahm ich einen Schluck und schenkte mir nochmal nach. 

Wenn ich mir jetzt in der Vorphase schon überlegen würde, wie böse Menschen sein können und was für einen Schabernack die treiben – da könnte ich mich ja gleich eingraben! Stattdessen schaue ich viel mehr darauf, was an Gutem passiert. Das ist mein Motor. 

Wie sieht es denn mit der Finanzierung aus?

Zum Glück und leider habe ich über diesen Aspekt am Anfang nicht nachgedacht. Ich war komplett darauf ausgerichtet, das so zu konstruieren, wie es meiner Meinung nach optimal wäre. Die meisten existierenden Preise finanzieren sich über die Teilnahmegebühren, pro Arbeit meistens ein paarhundert Euro. Diejenigen, die das nicht so machen, sind Stiftungen mit eigenem Geld. Der Ehrenpreis hat weder selbst Geld noch nehmen wir Gebühren ein. Also sind wir komplett freischwebend. Das ist einerseits ein Riesenvorteil, weil wir wirklich unabhängig sind, andererseits ist das natürlich auf Dauer unhaltbar. 

Wenn das Ganze irgendwann einmal eine Institution werden soll, wie etwa die Kindernothilfe oder ähnliches, dann brauchen wir große Sponsoren, die dafür sorgen, dass eine Handvoll von Leuten beim Ehrenpreis hauptberuflich arbeiten können. Auch für die Preisgelder, die es geben soll, brauchen wir Sponsoren. Und für die Arbeit, die wir in den letzten Monaten geleistet haben – einige von uns mehrere Tage, einige wochenlang und ich für meinen Teil arbeite seit Februar vollzeit für den Ehrenpreis. 

Ich denke, dass eine solche Konstruktion möglich ist, sonst würde ich es gleich ganz bleiben lassen. Aber es wird auch nicht einfach sein. Vielen Firmen halten es für eine gute Sache, kulturelle und soziale Projekte zu unterstützen. Das was wir machen, ist zwar sowohl ein kulturelles als auch ein soziales Projekt, ist aber noch nicht etabliert und überhaupt ist auch nicht Usus, Design zu fördern. Wir werden uns da extrem ins Zeug legen müssen, um zu überzeugen.

Und wie ist der Zeitplan?

In Kürze lassen wir die offizielle Website vom Stapel. Bis Ende Februar können dort Vorschläge gemacht werden. Dann gibt es eine Pufferzeit von sechs Wochen, in der die Kuratoren die noch nicht publizierten Vorschläge abarbeiten können. Anfang April treffen die Gutachter ihre Wahl, Anfang Mai trifft sich die Jury und Ende Mai findet im Museum der Dinge  die Preisverleihung statt. 

Und das soll jährlich stattfinden.

Wie es dann weitergeht, ob es nach der Preisverleihung eine Pause gibt oder ob der nächste Reigen direkt danach eröffnet wird, das werden wir erst später entscheiden. Geplant ist auch eine Ausstellung, die natürlich auch mit Kosten verbunden ist. Vielleicht gibt es ja auch mehrere Ausstellungen, eine Wanderausstellung. Wir müssen einfach schauen. Überhaupt: was wird nächstes Jahr sein? Wir wissen es nicht. Jetzt geht es erstmal los.

Vollkommen unabsehbar ist auch, wieviele Vorschläge wohl kommen. Welche Qualität werden die Arbeiten haben? Wird das ganze Spektrum der Disziplinen ausgeschöpft? Schwer zu sagen. 

Aber das Ende der Fahnenstange sieht auf jeden Fall immer gleich aus. Denn die Gutachter dürfen, egal wieviele Vorschläge kommen, immer nur maximal zwei Arbeiten nominieren. Wir verdonnern die aber nicht dazu, sich alles alles alles anzuschauen. Wenn ein Gutachter sich nur mit bestimmten Bereichen befassen will, zum Beispiel mit seinem Fach, dann ist er da vollkommen frei. Das ist wieder einer dieser Querschläger, von denen ich vorhin sprach: Man setzt in anderen Fällen voraus, dass wirklich jeder Urteilende jede Arbeit gesehen hat. Das wird hier aber nicht der Fall sein. Vermutlich wird es einen guten Querschnitt geben. Einige werden Ehrenpreis-Junkies sein, die schon von der ersten Stunde an abonnieren, dass sie jeden Vorschlag mitkriegen. Andere Gutachter werden erst an dem Tag, an dem sie offiziell dran sind, die Ärmel hochkrempeln und möglicherweise erschlagen sein von der Fülle. Die werden dann vermutlich ganz gezielt bestimmte Schlagwörter eingeben und gucken, was es dazu so gibt. 

Wenn man für den Publikumspreis seine Stimme abgeben will, muss man dann Mitglied sein?

Du kannst auf unserer Seite alles anschauen und lesen. Aber kommentieren, Deine Stimme abgeben und Arbeiten vorschlagen kannst Du nur, wenn Du Dich registriert hast.

Mhm. 

Auf der Website siehst Du unter »Beteiligte« alle, die sich schon registriert haben, und wenn Du Lust hast, kannst gleich mal gucken: »Hey, wer kommt denn hier auch aus Köln?«

Und dann gibt es Ehrenpreis-Stammtische.

Das kann ich mir schon vorstellen. In the long run. Meine Vision ist ja, dass wenn die Saat aufgeht, dass es irgendwann tatsächlich diese Veranstaltungsreihe gibt: »Reden über Gestaltung«. Darüber dachte ich Ende letzten Jahres schon nach. Eine Art Salon. Man würde sich einmal monatlich treffen, und dann bringt immer jemand etwas mit, über das er entweder wettert oder total begeistert erzählt, was an der Gestaltung aus seiner Perspektive so misslungen oder eben besonders gelungen ist. Und anschließende Diskussion mit dem Publikum. Also im Grunde eine Variante dessen, was beim Ehrenpreis stattfindet. Aber eben life und vielleicht auch später als Film auf YouTube und auf unsere Seite gestellt. So schließen sich weitere Kreise. 

Vielleicht gibt es ja auch irgendwann Gestaltung als Schulfach. Ich kann mir auch so etwas vorstellen wie »Jugend gestaltet«. Warum auch nicht? Ich meine … »Jugend forscht« …

[lacht]

Und so weit ist das beides eigentlich auch nicht von einander entfernt.

An den Berliner Grundschulen gibt es Kunst nicht als Unterrichtsfach, sondern wurde durch noch mehr Mathematik ersetzt. Daran kann man erkennen, wohin die Reise geht …

Na toll. 

Umso mehr braucht man den Ehrenpreis!

So lustig, wo Du das sagst. Mir ist ja erst sehr spät aufgefallen, dass ich an einem humanistischen Gymnasium war, das total unmusisch war. Da mussten wir um Kunst- und Musikunterricht geradezu betteln. Dafür war es eben sprachenorientiert. Da ich mich für Sprache interessiere, war ich da auf gewisse Weise also doch richtig. Auf jeden Fall eine interessante Vorstellung, wie ich mich entwickelt hätte, wenn ich an einer anderen Oberschule gewesen wäre. 

Wenn Du mich nach meiner beruflichen und persönlichen Disposition fragst, die ich für dieses Vorhaben mitbringe, dann muss ich sagen: ich habe einfach überhaupt keine eindeutige Begabung und das ist vielleicht auch gut so.

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2. Oktober 2012

Juli Gudehus

Praktikum beim Ehrenpreis

Wir suchen jemanden für ab sofort – für Recherchen, Text, Redaktion, Kommunikation, Organisation, Gestaltung oder und Programmierung.

Bewerbungen bitte an ok@der-ehrenpreis.de

Wir freuen uns schon!

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12. September 2012

Juli Gudehus

Immanuel Kant, der Volksmund und guter Rat

Vermutlich geht es Ihnen auch so: wenn Sie für eine gute Leistung gewürdigt werden, freuen Sie sich. Und Sie fühlen sich dazu angespornt, wieder und mehr und vielleicht sogar noch besseres zu leisten. »Geteilte Freude ist doppelte Freude« – das ist wohl wahr. Soviel zum Thema Positives bewirken. Auch zum Verhindern von Negativem hat der Volksmund eine Empfehlung parat: »Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu«. Immanuel Kant fasste 1788 in seiner »Kritik der reinen Vernunft« beides zusammen und empfahl: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde«.

guter Rat   

Für die Beherzigung und Respektierung dieser simplen Erkenntnisse macht sich der Ehrenpreis für Gestaltung auch in Hinblick auf die gestalterischen Berufe stark. Wir schließen uns den Empfehlungen der American Design Awards an und raten Ihnen als Gestaltern:

geben Sie auf Ihrer Website keine Honorare an   

Kreativität ist kein konkretes Produkt, sondern eine besondere Gabe. Der Designprozess ist keine vordefinierte Folge von Ereignissen und Abgabeterminen, sondern eine Reihe wohlüberlegter kreativer Schritte, basierend auf den Bedürfnissen und Zielen des Auftraggebers. 

Honorare auf Ihrer Website zu nennen, heißt für Sie nicht nur, sich beauftragen zu lassen, ohne zu wissen, was alles mit einem Projekt verbunden ist. Sie vermitteln so auch Auftraggebern und Besuchern Ihrer Website den Eindruck, dass sich die gesamte Designbranche an diese Standards und Honorarsätze hält.

arbeiten Sie nicht »auf Verdacht«   

Arbeit »auf Verdacht« ist eine unselige Praxis. Nicht wenige Firmen und Organisationen loben einen »Wettbewerb« aus und bitten hunderte von Gestaltern, daran teilzunehmen. Dem »Gewinner« winkt ein mageres Salär, wenn seine oder ihre Arbeit ausgewählt oder von der Firma benutzt wird. Oft investieren junge, unerfahrene Gestalter ihre Kreativität und zahllose Arbeitsstunden ohne zu wissen, ob sie jemals dafür fair honoriert werden – was für 99 Prozent der Wettbewerbsteilnehmer gilt.

Falls Sie in dem einen oder anderen Fall trotzdem umsonst arbeiten wollen: Jessica Hische hat eine ebenso hilfreiche wie schöne Entscheidungshilfe dazu entwickelt.

verschätzen und unterbieten Sie sich nicht   

Es gibt offizielle Honorarempfehlungen in der Branche, für Anfänger und alte Hasen gleichermaßen. Gestalter sollten für ihre Zeit und Dienste wenigstens ungefähr das ihrer Erfahrung entsprechende Mindesthonorar veranschlagen. Wer lächerlich niedrige Honorare verlangt und wer andere Gestalter wesentlich unterbietet, leistet nicht nur sich selbst einen Bärendienst. Wer die Preise verdirbt, schadet damit der gesamten Branche. 

kopieren Sie nicht anderer Leute Arbeit   

Womit im Grunde nichts anderes gemeint ist als: kopieren Sie nicht anderer Leute Arbeit. Sowohl Sie als auch Ihr Auftraggeber handeln sich damit möglicherweise böse Scherereien ein. Und einen schlechten Ruf. Was auch immer das Schlimmere von beiden ist.

arbeiten Sie nicht ohne Vertrag   

Ein gut formulierter, praktikabler Vertrag schützt nicht nur Sie als Gestalter und verringert das Risiko, unwissentlich »auf Verdacht« zu arbeiten. Er beschreibt auch schwarz auf weiß Ihre Pflichten. Eine wasserdichte Vereinbarung mit für beide Seiten akzeptable Bedingungen gewährleistet eine faire Bezahlung Ihrer Zeit und Ihres Aufwands und vermeidet Missverständnisse und juristische Auseinandersetzungen. 

Sprechen Sie mit Ihrem Auftraggeber über alle Bedingungen und Kosten, bevor Sie in ein Projekt eintauchen. Damit beweisen Sie Professionalität und Berufsethos und halten sich fast immer solche Auftraggeber vom Hals, die Sie ausnutzen wollen.

stehlen Sie Ihren Konkurrenten nicht die Auftraggeber   

Aufgrund des natürlichen Wettbewerbs im Bereich der Gestaltung (und in anderen Branchen) ist es zwar eine Sache, seine Dienste anzupreisen, um die eigene Klientel zu vergrößern. Aber es ist unlauter, die Auftraggeber anderer Gestalter gezielt abzuwerben. Als Gestalter pflegen wir langanhaltende Beziehungen mit unseren Auftraggebern, kennen ihre Firma in- und auswendig, kennen ihre Haltung, ihre Ziele und ihren finanziellen Rahmen.

Gestalter arbeiten hart, um Geschäftsbeziehungen aufrecht zu erhalten. Deren Auftraggeber zu kontaktieren und ihnen ein besseres Angebot zu machen, ohne die Schwierigkeiten eines schon existierenden Verhältnisses zu kennen, ist inakzeptables Geschäftsgebaren. Es verdirbt die Preise und ist für die Zunft als ganze unrühmlich.

sagen Sie nein zu unmoralischen Auftraggebern   

Ein unmoralischer Auftraggeber verlässt sich auf die Unfähigkeit eines jungen Designers, ein geldbringendes Projekt abzulehnen und schlägt aus diesem Umstand einen Vorteil. Sie tun gut daran, schon beim geringsten Anzeichen derartiger Probleme mit solchen Auftraggebern nein zu sagen.

Ein warnendes Anzeichen ist beispielsweise die Bitte um unbezahlte Arbeit, mit der die Eignung für einen Auftrag festgestellt werden soll, bevor er erteilt wird. Alarmieren sollte Sie, wenn jemand sich weigert oder »vergisst«, einen Vertrag abzuschließen oder Abschlagszahlungen zu leisten. Auch die Aufforderung, Abbildungen oder Gestaltungen zu benutzen, ohne dafür bezahlen zu wollen, ist ein Warnzeichen. 

seien Sie fair und pünktlich   

Ihre Auftraggeber sind Ihre Lebenslinie – was bedeutet, dass Sie stets deren Interesse wahren sollten. Halten Sie sich an Ihre Termin- und Leistungs-Vereinbarungen. Übererfüllen Sie diese sogar ein wenig, um sicherzugehen, dass Ihre Auftraggeber mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sind. Sehen Sie ab von Verhalten, das Ihren Ruf schädigen könnte. Durch praktizierten Berufsethos und faires Geschäftsgebahren gelangen Sie nicht nur zu mehr Aufträgen, sondern gewinnen auch den größten Respekt in Ihrer Zunft. 

und zuguterletzt   

Sie wollen respektiert und angemessen honoriert werden. Gesteht man Ihnen das nicht zu, dann fordern Sie das ein. Respektieren auch Sie diejenigen, die für Sie arbeiten und honorieren Sie sie angemessen. 

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1. März 2012

Juli Gudehus

Goethe sagt:

Ursprünglich eigen Sinn lass Dir nicht rauben! Woran die Menge glaubt, ist leicht zu glauben.

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Beige, beige. beige sind alle meine Farben, beige beige beige ist alles, was mir einfällt. Schrecklich.
Beige, beige. beige sind alle meine Farben, beige beige beige ist alles, was mir einfällt. Schrecklich.
Heizpilze treten als biedere Wohnzimmerlampe, verwegener Mexikaner, in Rudeln oder als spanischer Grande auf. Hessen will bis 2050 klima-neutral sein. Dafür müsste man den Kohlendioxidausstoß um 90 Prozent senken. Vielleicht fängt man damit an, Heizpilze aus dem Verkehr zu ziehen. Wer dennoch draußen sitzen will, kann ja mehr Glühwein trinken
Heizpilze treten als biedere Wohnzimmerlampe, verwegener Mexikaner, in Rudeln oder als spanischer Grande auf. Hessen will bis 2050 klima-neutral sein. Dafür müsste man den Kohlendioxidausstoß um 90 Prozent senken. Vielleicht fängt man damit an, Heizpilze aus dem Verkehr zu ziehen. Wer dennoch draußen sitzen will, kann ja mehr Glühwein trinken
Alvar Aaltos Haus von 1936 in Munkkiniemi, Aufnahme: Estelle Hanania
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Alles ist gestaltet – fast alles.
Alles ist gestaltet – fast alles.