12. September 2012

Juli Gudehus

Immanuel Kant, der Volksmund und guter Rat

Vermutlich geht es Ihnen auch so: wenn Sie für eine gute Leistung gewürdigt werden, freuen Sie sich. Und Sie fühlen sich dazu angespornt, wieder und mehr und vielleicht sogar noch besseres zu leisten. »Geteilte Freude ist doppelte Freude« – das ist wohl wahr. Soviel zum Thema Positives bewirken. Auch zum Verhindern von Negativem hat der Volksmund eine Empfehlung parat: »Was Du nicht willst, was man Dir tu, das füg’ auch keinem andern zu«. Immanuel Kant fasste 1788 in seiner »Kritik der reinen Vernunft« beides zusammen und empfahl: »Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die Du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde«.

guter Rat   

Für die Beherzigung und Respektierung dieser simplen Erkenntnisse macht sich der Ehrenpreis für Gestaltung auch in Hinblick auf die gestalterischen Berufe stark. Wir schließen uns den Empfehlungen der American Design Awards an und raten Ihnen als Gestaltern:

geben Sie auf Ihrer Website keine Honorare an   

Kreativität ist kein konkretes Produkt, sondern eine besondere Gabe. Der Designprozess ist keine vordefinierte Folge von Ereignissen und Abgabeterminen, sondern eine Reihe wohlüberlegter kreativer Schritte, basierend auf den Bedürfnissen und Zielen des Auftraggebers. 

Honorare auf Ihrer Website zu nennen, heißt für Sie nicht nur, sich beauftragen zu lassen, ohne zu wissen, was alles mit einem Projekt verbunden ist. Sie vermitteln so auch Auftraggebern und Besuchern Ihrer Website den Eindruck, dass sich die gesamte Designbranche an diese Standards und Honorarsätze hält.

arbeiten Sie nicht »auf Verdacht«   

Arbeit »auf Verdacht« ist eine unselige Praxis. Nicht wenige Firmen und Organisationen loben einen »Wettbewerb« aus und bitten hunderte von Gestaltern, daran teilzunehmen. Dem »Gewinner« winkt ein mageres Salär, wenn seine oder ihre Arbeit ausgewählt oder von der Firma benutzt wird. Oft investieren junge, unerfahrene Gestalter ihre Kreativität und zahllose Arbeitsstunden ohne zu wissen, ob sie jemals dafür fair honoriert werden – was für 99 Prozent der Wettbewerbsteilnehmer gilt.

Falls Sie in dem einen oder anderen Fall trotzdem umsonst arbeiten wollen: Jessica Hische hat eine ebenso hilfreiche wie schöne Entscheidungshilfe dazu entwickelt.

verschätzen und unterbieten Sie sich nicht   

Es gibt offizielle Honorarempfehlungen in der Branche, für Anfänger und alte Hasen gleichermaßen. Gestalter sollten für ihre Zeit und Dienste wenigstens ungefähr das ihrer Erfahrung entsprechende Mindesthonorar veranschlagen. Wer lächerlich niedrige Honorare verlangt und wer andere Gestalter wesentlich unterbietet, leistet nicht nur sich selbst einen Bärendienst. Wer die Preise verdirbt, schadet damit der gesamten Branche. 

kopieren Sie nicht anderer Leute Arbeit   

Womit im Grunde nichts anderes gemeint ist als: kopieren Sie nicht anderer Leute Arbeit. Sowohl Sie als auch Ihr Auftraggeber handeln sich damit möglicherweise böse Scherereien ein. Und einen schlechten Ruf. Was auch immer das Schlimmere von beiden ist.

arbeiten Sie nicht ohne Vertrag   

Ein gut formulierter, praktikabler Vertrag schützt nicht nur Sie als Gestalter und verringert das Risiko, unwissentlich »auf Verdacht« zu arbeiten. Er beschreibt auch schwarz auf weiß Ihre Pflichten. Eine wasserdichte Vereinbarung mit für beide Seiten akzeptable Bedingungen gewährleistet eine faire Bezahlung Ihrer Zeit und Ihres Aufwands und vermeidet Missverständnisse und juristische Auseinandersetzungen. 

Sprechen Sie mit Ihrem Auftraggeber über alle Bedingungen und Kosten, bevor Sie in ein Projekt eintauchen. Damit beweisen Sie Professionalität und Berufsethos und halten sich fast immer solche Auftraggeber vom Hals, die Sie ausnutzen wollen.

stehlen Sie Ihren Konkurrenten nicht die Auftraggeber   

Aufgrund des natürlichen Wettbewerbs im Bereich der Gestaltung (und in anderen Branchen) ist es zwar eine Sache, seine Dienste anzupreisen, um die eigene Klientel zu vergrößern. Aber es ist unlauter, die Auftraggeber anderer Gestalter gezielt abzuwerben. Als Gestalter pflegen wir langanhaltende Beziehungen mit unseren Auftraggebern, kennen ihre Firma in- und auswendig, kennen ihre Haltung, ihre Ziele und ihren finanziellen Rahmen.

Gestalter arbeiten hart, um Geschäftsbeziehungen aufrecht zu erhalten. Deren Auftraggeber zu kontaktieren und ihnen ein besseres Angebot zu machen, ohne die Schwierigkeiten eines schon existierenden Verhältnisses zu kennen, ist inakzeptables Geschäftsgebaren. Es verdirbt die Preise und ist für die Zunft als ganze unrühmlich.

sagen Sie nein zu unmoralischen Auftraggebern   

Ein unmoralischer Auftraggeber verlässt sich auf die Unfähigkeit eines jungen Designers, ein geldbringendes Projekt abzulehnen und schlägt aus diesem Umstand einen Vorteil. Sie tun gut daran, schon beim geringsten Anzeichen derartiger Probleme mit solchen Auftraggebern nein zu sagen.

Ein warnendes Anzeichen ist beispielsweise die Bitte um unbezahlte Arbeit, mit der die Eignung für einen Auftrag festgestellt werden soll, bevor er erteilt wird. Alarmieren sollte Sie, wenn jemand sich weigert oder »vergisst«, einen Vertrag abzuschließen oder Abschlagszahlungen zu leisten. Auch die Aufforderung, Abbildungen oder Gestaltungen zu benutzen, ohne dafür bezahlen zu wollen, ist ein Warnzeichen. 

seien Sie fair und pünktlich   

Ihre Auftraggeber sind Ihre Lebenslinie – was bedeutet, dass Sie stets deren Interesse wahren sollten. Halten Sie sich an Ihre Termin- und Leistungs-Vereinbarungen. Übererfüllen Sie diese sogar ein wenig, um sicherzugehen, dass Ihre Auftraggeber mit dem Ergebnis mehr als zufrieden sind. Sehen Sie ab von Verhalten, das Ihren Ruf schädigen könnte. Durch praktizierten Berufsethos und faires Geschäftsgebahren gelangen Sie nicht nur zu mehr Aufträgen, sondern gewinnen auch den größten Respekt in Ihrer Zunft. 

und zuguterletzt   

Sie wollen respektiert und angemessen honoriert werden. Gesteht man Ihnen das nicht zu, dann fordern Sie das ein. Respektieren auch Sie diejenigen, die für Sie arbeiten und honorieren Sie sie angemessen. 

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