Plakat aus Plakatreihe | 2013
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Plakatreihe 2013
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Plakatreihe 2015
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Plakatreihe 2016
Plakatreihe 2016
Einblick in verschiedene Medien wie Flyer aus Flyerkarawane oder Gedanken-Anhänger
Einblick in verschiedene Medien wie Flyer aus Flyerkarawane oder Gedanken-Anhänger
Festivallocation | Alte Pumpenfabrik Helmstedt
Festivallocation | Alte Pumpenfabrik Helmstedt
Festivallocation | Alte Pumpenfabrik Helmstedt
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2017

Festival der Utopie

Gestaltung

Transformation Design Collective

Pate

Johanna Pohlmann

Kategorie

Begleiterscheinung

vorgeschlagen am

4. Dezember 2017

Plädoyer

Kann man eine SpinnereiKapsel eigentlich schlucken und was passiert dann? Wofür kann ein TraumTransponder nützlich sein? Und wieso sollte man immer auf jeden Fall eine IdeenRecycleSpule im Gepäck haben? Kürzlich habe ich zum dritten Mal das Festival der Utopie besucht. Begeistert von einem spielerisch-utopischen und auch sinnlichen Gestaltungskonzept, möchte ich dieses gerne für den Ehrenpreis vorschlagen.

Das Festival der Utopie ist ein ungewöhnliches Festival: das zentrale Element und somit das LineUp sind Workshops, in denen die Festivalbesucher_innen an zwei Tagen Visionen und Ideen für die Zukunft zu Themen wie Mobilität (2013), Arbeit (2015) oder Gesellschaft (2016) entwerfen. Ergänzt werden die Workshops durch Wissensduschen, in denen man sich inhaltlichen Input zu dem Thema abholen kann und Austauschformate, wie zum Beispiel #-Gespräche bzw. Geh-Spräche. Am Ende des Festivals steht eine Art Schaubudenrundgang (2013) oder offene Bühne (2016) für die Präsentation der Workshopergebnisse.

Eine Motivation der Veranstalter ist es junge Menschen an der Gestaltung der Region zu beteiligen. Sie schreiben im Festivalmagazin: „Wir glauben daran, dass Fantasiesport und ein gewisser Abstand vom Alltag dabei hilft eine Kultur des Experimentierens zu fördern und eine Gesellschaft beweglich zu machen. So kann eine konstruktiver Lernprozess entstehen und Neues in die Welt kommen.“ (FM, S. 11)

Bei der Betrachtung meines eigenen Terminkalenders stelle ich fest, dass es ein hehres Ziel ist 100 junge Menschen zu motivieren an einem Wochenende über die Zukunft unserer Gesellschaft nachzudenken. Gerade da diese Zukunft so sehr von Ohnmachtsgefühlen, Schreckensnachrichten und einem tickenden „Fünf vor Zwölf“ geprägt ist. Das Team des Festival der Utopie schafft es aber diese Stimmung umzudrehen und einen Möglichkeitsraum entstehen zu lassen. Dies gelingt den Macher_innen durch Ihre Art der (visuellen) Kommunikation, des Weckens von Neugierde und der Lust und Begeisterung sich zu beteiligen sowie neues zu Entdecken und zu Lernen. In Zusammenarbeit haben die beiden Büros ›Von A und Z‹ (Festivalkonzept und Durchführung) und ›NEA • Studio für neue Gestaltung‹ (Corporate Design, Kommunikation) unter dem Veranstalter ›Allianz für die Region GmbH‹ (Regionalentwicklungsgesellschaft) somit in meinen Augen ein einzigartiges Format mit einer einzigartigen visuellen Sprache entwickelt, die mich begeistert und ich an dieser Stelle teilen möchte.

Freitag, 3. Juni 2016: „Ich gehe durch Helmstedt, eine Kleinstadt an der ehemaligen innerdeutschen Grenze, die heute von Arbeitslosigkeit und demografischen Wandel geprägt ist. Die leeren Straßenzüge, die an eine andere Zeit erinnern empfinde ich als beklemmend. Ein paar Schritte weiter tut sich auf der rechten Seite ein Tor auf – das Tor zur Utopie: »Sie betreten den utopischen Sektor«. Beim Betreten ändert sich meine Stimmung: neugierig und gespannt entdecke ich das Festivalgelände. Die Utopie ist in eine ehemalige Pumpenfabrik eingezogen. Sie erzählt Geschichten aus vergangenen Zeiten: Auf einem Regal stehen schon vor Jahren eingekochte Kirschen und Bohnen, das Treppenhaus wird durch eine vergilbte Blümchentapete geschmückt, in der ehemaligen Werkshalle liegen handgezeichnete Baupläne auf Transparentpapier. Im Kontrast dazu hauchen futuristische Gebilde – gefaltete geometrische Formen – den Räumen neuen Glanz und Leben ein. Die in der Prototypingbar aufgereihten Gegenstände lassen erahnen, dass hier nicht nur gesponnen sondern auch etwas entstehen wird, die Sugar-Cubes an der Wand warten auf das Befüllen mit ›Liebesbriefen‹ statt Gefällt-mir-Angaben und an der Ladestation befühl ich mir schnell eine bunte Tüte bevor die goldene Posaune zum Anpfiff ruft.“

#festivalort
Das Festival reist von Ort zu Ort, von Leerstand zu Leerstand, von Möglichkeitsraum zu Möglichkeitsraum, welcher in der Festivalsprache als Nicht-mehr-noch-nicht-Ort bezeichnet wird. Bei jedem Festival gilt es einen neuen Raum zu entdecken und in ihm real-utopische Ideen für die Zukunft entstehen zu lassen.
Durch die Gestaltung entsteht ein utopischer Ort, der zum Träumen und Ideenspinnen einlädt. Vorhandenes Material wird genutzt (z. B. leerstehende Geschäfte werden zu ›WorkShops‹ und Schaufensterflächen zu Ideengebern, alte Waschbecken dienen als Legobaustellen, ein Büro wird zum Utopievorzimmer) und mit futuristischen Objekten kombiniert. Mit scheinbar einfachen Mitteln tauchen Elemente aus dem gedruckten Erscheinungsbild (Plakate, Flyer etc.) auch vor Ort (z. B. Wolken, Verläufe) auf.

#erscheinungsbild
Eine Wolke, in dessen Dunst eine Person aus einer scheinbar vergangenen Zeit mit einem futuristisch wirkendem Objekt agiert. Das Erscheinungsbild scheint dem Traum entführt. Eine Kombination von alt und neu in Collagen mit Wolken, Fotos von Menschen aus vergangenen Zeiten, Science-Fiction-Elementen und traumähnlichen Verläufen. Ein utopischer Moment entsteht aus der Kombination von längst Vergangenem und eventueller Zukunft.
Im Logo des Festivals ist die Utopie auf den Kopf gedreht und rückwärtsgeschrieben. Das Spiel mit verdrehten Wörtern zieht sich konsequent durch gestaltete Motive, Plakate und auch durch die Beschilderungen vor Ort auf dem Festival. Es unterstreicht die fantasieanregende Festivalsprache.

#festivalsprache
Die Festivalsprache ist eine nachdenkliche, verträumte, sphärische, kreative, spielerisch, visuelle Sprache, die den Charakter des Festivals unterstreicht. Die utopischsten Erklärungen zu Wortneuschöpfungen (z. B. Spinnerei-Kapsel, Innovations-Kompensator, Gedankenkraft-Triebwerk, Sehnsuchts-Ingenieur) werden bereits im Vorfeld in den sozialen Medien gesucht, gefunden und in ein Festivallexikon gegossen. „Die Ideen-Recycling-Spule bildet das Zentrum des Festivalgeländes. Sie erzeugt, durch eine gerechte, wohlwollende Stimmung, gutes Essen und spannende Menschen, ein kreatives Magnetfeld. In der Sonderausführung "Recycling" sorgt die Ideen-Spule auch dafür, dass verworfene oder bereits existierende Ideen neu gedacht werden wollen.“

Vom Festivallexikon bis zum Beutel den man jedes Jahr bei der Anmeldung mit den wichtigsten Dingen erhält, vom Discussiondinner bis Austauschquartett ist an alles und an Überraschendes gedacht. Die Liebe zum Detail ist für mich eines der wichtigsten Bestandteile des Festivals, denn dies überträgt sich – so mein Erlebnis – vom ersten Moment auf die Festivalbesucher_innen und führt von Anfang an zu einer Art-of-Hosting und somit willkommenen Atmosphäre die es tatsächlich ermöglicht noch zarte Ideen in den Raum zu werfen ohne Angst zu haben, dass sie jemand direkt plattritt.

Ich schlage das Festival der Utopie für den Ehrenpreis vor, da es konsequent in all seinen Elementen stimmig und einzigartig gestaltet ist. Obwohl ich die Kategorie "Begleiterscheinung" gewählt habe, ist es mehr als das: Die Gestaltung ist ein Möglichmacher für utopisches Arbeiten.

Beschreibung

Fes|ti|val der Uto|pie, das
Wortart: Eigenname, Neutrum

Zwei Tage kreativer Ausnahmezustand. – Fernab des Alltags trafen sich 2013, 2015 und 2016 rund 100 Utopisten und Visionärinnen an einem Nicht-Mehr-Noch-Nicht-Ort, um neue Ideen für die Zukunft der Region Braunschweig-Wolfsburg zu entwickeln, gemeinsam zu spinnen und Visionen zu gestalten.

Das Festival fand erstmals im September 2013 zum Thema ›Mobilität‹ auf der leerstehenden Hertiebrache in Peine statt. Umliegende vakante Mehrfamilienhäuser wurden zu Unterkünften umfunktioniert und die ehemaligen Ladengeschäfte verwandelten sich in WorkShops.
2015 stand auf der stillgelegten Ilseder Hütte das Thema ›Arbeit‹ im Vordergrund und 2016 zog das Festival in eine alte Pumpenfabrik in Helmstedt ein und setze sich mit dem Thema ›Gesellschaft‹ auseinander.

Kern des Konzeptes ist ein interdisziplinärer Zugang, der das Entwerfen von visionären Ansätzen ermöglicht und zu Veränderungsprozessen motiviert. Die Utopie ist ein Freiraum, in dem Bedenken á la »Das kann ich mir nicht vorstellen!« oder »Das hat noch nie funktioniert!« keinen Platz haben – ideal, um den eigenen Horizont zu erweitern. Das Festival der Utopie regt Menschen dazu an, das Potenzial ihrer Fantasie ernst zu nehmen, macht sie mit kreativen Methoden bekannt und lässt sie mutig in die Zukunft blicken.

Darüber hinaus möchte das Festival die Vielfalt und die Schätze der Region Braunschweig-Wolfsburg sichtbar machen und die regionale Identität der Menschen stärken. Das Team glaubt an das kreative und utopische Potenzial der Region – Zukunft findet nicht an einem fernen Ort statt. Der eigene Gestaltungsspielraum liegt vor der Haustür. Jeder kennt sein Umfeld am Besten, weiß um regionale Möglichkeiten und Probleme und bekommt die Auswirkungen von Veränderungen vor Ort direkt zu spüren.

Im Austausch zwischen teilnehmenden Visionär_innen und Vertreter_innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Kultur werden die Ideen und das Engagement des Festivals vor Ort weiter getragen.
Das Team vermittelt Fachwissen und Methodenkompetenz. Experten_innen der Region bieten State-of-the-Art-Wissen – vielfältige Kreativitätsmethoden aus den Workshops helfen in Studium und Beruf neue Ideen und Ansätze zu entwickeln.

Das Festival der Utopie ist ein Projekt der Allianz für die Region GmbH, einer Strukturförderungsgesellschaft für die Region Braunschweig Wolfsburg und ist in Zusammenarbeit mit dem Haus der Wissenschaft Braunschweig entstanden. Mit der Gestaltung des Veranstaltungskonzeptes, der Umsetzung und der Kommunikation wurden die beiden Designagenturen ›von A und Z‹ und ›NEA • Studio für neue Gestaltung‹ beauftragt.


Work|shop, der
Wortart: Eigenname, maskulin
Anstelle von Endlosvorträgen und Powerpoint-Präsentationen wird auf dem Festival der Utopie durch verschiedene Workshops ein experimenteller Spielplatz für Visionen geschaffen. Jeder der zehn Workshops zeichnet sich durch ein eigenes Kreativformat aus, durch das Ideen zum Leben erweckt werden (z.B. Design Fiction, Kreatives Schreiben, Visual Thinking etc.).

Wis|sens|du|schen, die
Wortart: Substantiv, feminin
Die Workshops werden durch inspirierende Wissensduschen von sogenannten Inspirationsquellen (Experten und Expertinnen für das Schwerpunktthema) bereichert. Eine Wissensdusche ist ein kurzer Impulsvortrag, dauert etwa 15 Minuten und bietet dann Raum für Nachfragen und Diskussionen.

Jahr|markt für ku|rio|se Ge|dan|ken und ernst|haf|te U|to|pien
Wortart: Substantiv, maskulin
Für das Festivalfinale am Samstagabend laden wir Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur zu unserem Jahrmarkt für kuriose Gedanken und ernsthafte Utopien ein. Die Workshops verwandeln sich zu diesem Zeitpunkt in Schaubuden und die vielen Ideen nehmen hier Gestalt an. Ob in Form einer Lesung, einer gespielten Szene oder einer kleinen Ausstellung mit Zukunftsprodukten oder etwas ganz anderem – das bestimmen die Teilnehmer_innen. Unser Ziel ist es, die Strippenzieher_innen von heute in den Ideenprozess zu integrieren und inspirieren, und mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Dis|cus|sion-Din|ner, das
Wortart: Substantiv, Neutrum
Wo kommt man besser ins Schwatzen als beim Essen? Im Anschluss an unseren Jahrmarkt für kuriose Gedanken und ernsthafte Utopien laden wir Utopisten_innen und Strippenzieher_innen an einer großen Tafel zum Abendessen ein, dem Discussion-Dinner. Dabei soll eine rege Diskussion über Mögliches und Unmögliches entstehen. Zu jedem Gang den Platz zu wechseln, ist nicht ausgeschlossen.

Rah|men|pro|gramm, das
Wortart: Substantiv, Neutrum
Die Workshops werden durch ein gemeinsames Programm umrahmt, das den Austausch aller hundert Teilnehmenden in den Fokus rückt – ein buntes Potpourri an Intermezzi von Entdecken und Zusammenkommen.
Zum Beispiel bereicherte 2016 das Stadttheater ›Rette uns wer kann‹ vom Braunschweiger Staatstheater das Festival mit kleinen Interventionen, die zum Nachdenken anregten. Oder aber Quartette boten die wunderbare Chance, dass sich vier Menschen über das gesamte Festival intensiver kennen lernten und tiefer begegneten. Sie bildeten über die Dauer der Veranstaltung ein festes Team, das immer mal wieder zusammen kam, um sich auszutauschen und sich außerhalb der Workshopgruppen näher zu kommen.
Ein weiterer Aspekt aus dem Rahmenprogramm stellten beispielsweise die Sugar Cubes dar – an der Wand hängende Briefumschläge, die mit Komplimenten, kleine Nachrichten und besonderen Erinnerungen vom Festival gefüllt werden konnten. Es gab Aktionen wie eine Nachtwanderung, bei der die Teilnehmenden per Zufallsprinzip die Umgebung mit ihren Workshopgruppen erkundeten und von interessanten Erlebnissen berichteten. Am gemeinsamen Lagerfeuer packten die Festivalbesucher ihre mit reichlich Bastelmaterial gefüllten Wundertüten aus und bauten gemeinsam an einem großen Tisch ihr Utopia. Oder man lernte mit einem Profi Jonglieren und tauschte sich in Geh-Sprächen (kleine Spaziergänge in Gruppen) über besondere Themen aus.


Sze|no|gra|fie, die
Wortart: Substantiv, feminin
Zum Festivalkonzept gehörte es jedes Jahr einen Leerstand oder eine Brache in einen nutzbaren Veranstaltungsort zu verwandeln. Neben den Aufräum- und Sicherungsmaßnahmen nahmen wir mittels gezielter szenografischer Maßnahmen die Gestaltung der Räume vor. Auch wenn die Möglichkeiten auf die Räumlichkeiten einzuwirken begrenzt waren, sollte man sofort erkennen, dass das Festival diesen Ort eingenommen hat. Dazu entwickelten wir beispielsweise faltbare Kuben aus weißem Karton, die entsprechend des Corporate Designs in unterschiedlichen geometrischen Formen vorhanden waren. Mit unsichtbaren Schnüren hingen wir sie zahlreich in den Gebäuden oder auf dem Außengelände auf. Diese Kuben konnten alles darstellen, man konnte ein fliegendes Objekt genauso wie ein ganzes Sonnensystem hineindenken.

Pop-Up, das
Wortart: Substantiv, Neutrum
2015 verwandelte das Festival der Utopie Team einen Leerstand am Braunschweiger Friedrich-Wilhelm-Platz für drei Monate in ein temporäres Pop-Up Büro. Unterstützt durch den Kultviertel e.V. wurde eine Zwischennutzung vereinbart und einem leerstehendem Café neues Leben eingehaucht. Dort bereitete das Team das Festival vor und war täglich als Anlaufstelle für Interessierte geöffnet. Darüber hinaus gab es einige Veranstaltungen des Vereins sowie ein Vorabtreffen und ein Konzert im Anschluss an das Festival, auf dem lokale Künstler auftraten.

Mar|ke|ting|kon|zept, das
Wortart: Substantiv, Neutrum
Das Ziel des Veranstaltungsmarketing war es, das Festival in der Region bekannt zu machen und Neugierde für das Festival zu wecken. Junge Menschen wurden als Teilnehmer_innen für die Veranstaltung gewonnen und Strippenzieher_innen über das Festival informiert und als Gäste für den Präsentationsabend geladen.
Das Marketingkonzept setzte auf partizipative und somit identitätsstiftende und Neugierde weckende Maßnahmen.
Die Bespielung des realen Raums anhand von Mitmachaktionen – Guerilla-Marketing-Aktionen im Vorfeld des Festivals und ein DIY-Camp zur Szenografie des Festivalgeländes – wurden über soziale Netzwerke wie Facebook angekündigt, in denen das ›Sichbeteiligen‹ selbstverständlich ist. Beide Realitäten bedingten und mobilisierten sich gegenseitig und schafften somit nicht nur Aufmerksamkeit, sondern vermittelten auch ein Gefühl davon, was das Festival der Utopie ist und möchte. Das Festivalteam bediente sich der ›share economy‹, dem Gedanken des ›open-source‹ und der etwas bewegenden ›crowd‹ und machte sich diese Grundgedanken nicht nur für das Festival selbst, sondern auch für dessen Bekanntmachung zur Nutze.

Beim Thema Zukunft ist Nachhaltigkeit im doppelten Sinne unumgänglich. So spielt dieser Begriff im gesamten Festivalkonzept, sowohl was das Festival selbst betrifft, als auch was das Festivalmarketing angeht, eine große Rolle. In diesem Sinne wurden unter anderem Konzepte entwickelt, die eine unnötige Anzahl von Druckmedien z. B. Flyern entgegenwirkten, eine mehrfache Verwendung von produzierten Dingen vorsahen und bewusst auf eine regionale und nach höchsten Standards umweltfreundliche und klimaneutrale Produktion der Druckerzeugnisse Wert legten.

Cor|po|rate Iden|ti|ty, die
Wortart: Substantiv, feminin
Wie erscheint etwas utopisch und fantastisch? Wie kann man es schaffen Neugierde zu wecken und zum Nachdenken anzuregen? Diese Fragen standen zu Beginn der Entwicklung der Corporate Identity für das Festival der Utopie.
Die Herausforderung für diese lag darin, das neue und für Außenstehende vollkommen unbekannte Format in seiner Andersartigkeit zu kommunizieren, bekannt zu machen und junge Menschen für eine Teilnahme am Festival und Engagement für die Region zu begeistern. Dafür musste das Format gefasst und das was es ausmacht – seine Identität – verständlich kommuniziert werden, bereits während das Festivalkonzept sich noch in der in der Entstehung befand.

Cor|po|rate De|sign, das
Wortart: Substantiv, Neutrum
Die Voraussetzung für ein schlüssiges Erscheinungsbild ist eine umfassende Bestandsaufnahme und die daraus resultierende Konzeptarbeit. Sie bildet die Basis und gibt der visuellen Erscheinung einen interessanten und spürbaren Inhalt. Sie verschafft einen Überblick, aus dessen Essenz nicht nur das Erscheinungsbild schöpft, sondern das gesamte Format und auch der Auftraggeber.
Als Ausgangspunkt für die Entwicklung des Corporate Designs wurden aus dem Festivalkonzept und den Vorstellungen des Teams Stichwörter extrahiert, die das Erscheinungsbild prägen sollten. Diese bildeten die Identität des Festivals ab, die im Folgenden visuell und verbal umgesetzt wurde.

Die Elemente Bild, Schrift, Farbe, Stimmung und Sprache fügten sich zu einer Erscheinung zusammen und gaben so dem Geist des Festivals Körper und Seele. Sie wurden zu Spielregeln des Corporate Designs sowie der Corporate Identity, setzten einen Rahmen für das Spielfeld und ermöglichten Spielraum zum Experimentieren in der Gestaltung als auch für die Identität. Sie visualisieren den Charakter des Festivals und zeigten letztendlich metaphorisch auf, was die Teilnehmenden auf diesem zu erwarten haben.

Entstanden ist eine nachdenkliche, verträumte, sphärische, kreative und spielerisch visuelle Sprache, die sowohl das Thema Utopie, als auch den Charakter eines Festivals und das besondere, neue und andersartige Format verkörpert.
Gespielt wurde mit auf den Kopf gedrehten oder rückwärts geschriebenen Worten sowie Wort- und Bildneuschöpfungen.
Die Bildcollagen beinhalteten dabei immer die gleichen Versatzstücke, die sich zu unterschiedlichen Motiven zusammenfügten und innerhalb der Spielfläche ein futuristisches Etwas bildeten. Die Elemente – eine Wolke, in dessen Dunst eine Person aus einer scheinbar vergangenen Zeit mit einem futuristisch wirkendem Objekt agiert – verbinden sich mit einem Begriff, dessen Bedeutung viel Raum für Assoziationen offen lässt.
Hier paart sich der Moment der Nostalgie mit dem Moment des Visionären. Ein Rahmenelement, das nicht zuletzt auch für das Logo genutzt wurde, gab der Szenerie Halt und definierte den Schauplatz, der sich, getragen von einem farbigen Verlauf, irgendwo im Nirgendwo abspielt.
Zehn Farbverläufe, die immer in Kombination mit einer festgelegten Objektfarbe auftauchten und der Atmosphäre des ganzen Gebildes dienten, ließen ein umfangreiches Farbklima entstehen, welches trotz des weitgefächerten Farbspektrums durch die Art der Verläufe direkt mit dem Festival verknüpft war.
Die Verwendung weißer Typografie vor farbigen Hintergrund erzeugte Leichtigkeit, die nicht zuletzt auch durch die Wolke verkörpert wurde und das Ganze wie ein Traumbild wirken ließ.

Cor|po|rate Lan|gu|age, die
Wortart: Substantiv, feminin
Kann man eigentlich auf einem Gedankenkraft-Triebwerk fliegen und eine Spinnerei-Kapsel schlucken? Und wie wäre es, wenn wir sträwkcür denken könnten?
Während des gestalterischen Prozesses wurde parallel eine Corporate Language entwickelt, die in der Corporate Identity eine zentrale Rolle einnahm und den Charakter der Veranstaltung auch verbal vermittelte. Mit Wortneuschöpfungen bekamen die Bildkompositionen Titel, die zum Nachdenken anregten, gleichzeitig jedoch nichts verrieten. Sie wurden zur Interaktion mit dem Betrachter genutzt und vermittelten den Teilnehmenden nicht zuletzt den Möglichkeitsraum, den das Projekt bot; ausdrücklich rumspinnen zu dürfen. Es sollten keine Hürden für absurde Gedanken aufgebaut werden, um das Interessante hinter diesen Gedanken für die Utopien nutzen zu können. Die visuelle Erscheinung ging also mit Vorbildfunktion voraus, zeigte wie es gehen konnte und bot dennoch den Freiraum seinen eigenen Kopf zu benutzen.

Wer|be|mit|tel, die
Wortart: Substantiv, feminin
Auch bei der Entwicklung der Werbemittel wurde mit neuen ungewöhnlichen Strategien gearbeitet. Die Region Braunschweig zeichnet sich durch ein besonders gut funktionierendes Netzwerk aus. Dieser Moment sollte für die Bewerbung des Festivals genutzt werden. So wurde auf das bekannte Prinzip des Kettenbriefes zurückgegriffen und, in Anlehnung an die Mobilitätsthematik (Festivalthema 2013), die ›Flyerkarawane‹ entwickelt. Hierfür entstanden zehn verschiedene Flyermotive, die in einem Paket zusammen mit einem Anschreiben an einen ›Karawanenführer‹ versendet wurden. Dieser konnte sich dann einen Flyer aussuchen und den Rest an potenzielle Utopisten_innen, interessierte Freunde_innen oder Arbeitskollegen _innen weitergeben.
So reiste die Karawane durch die Region. Der Vorteil lag vor allem darin, dass man nicht nur direkt das richtige Publikum erreichte, sondern auch die Chance erhöhte, dass sich durch persönliche Empfehlung intensiver mit dem Flyerinhalt auseinander gesetzt wurde. Das Flyerpaket wurde von einem mit dem Logo bedruckten Gummiband zusammengehalten, das später nicht nur als Festivalbändchen (Info-Stripes) fungierte, sondern auch zur Kennzeichnung der Trinkbecher genutzt wurde und zu guter Letzt auch nach dem Festival als Erinnerungsstück Verwendung finden konnte. So lebte der Gedanke des Festivals auch darüber hinaus im Alltag weiter.
Neben den Flyern wurden im Stadtraum der Region Aufhänger mit Gedanken verteilt, die den üblichen Flyer ablösten und zusätzlich auf das Festival aufmerksam machten. 
Statt Großflächenplakaten, die eine lange Vorlaufzeit benötigen, sowie der ansonsten üblichen einzelnen DIN A1 Plakate, entwickelten wir eine dreiteilige Plakat-Serie, die man bei Bedarf zu einem großen Plakat zusammenhängen konnte. Jedes Plakat funktionierte ebenfalls separat und konnte sowohl auf großer, als auch auf kleiner Fläche genutzt werden. Als zusätzliches ›Gimmick‹ entwickelte sich hieraus ein Sammelcharakter für die Plakate.
Hinzu kamen noch Stofftragetaschen, Utopie-Schatzkästchen, Programmhefte, Stempel, Post-its, Utopistenstammtisch-Flyer, Einladungskarten für Strippenzieher_innen, Festivallexikon, Briefpapier, Vernetzungskarten, Namensschilder, Teilnahmebescheinigungen, Banner, Anzeigen, ein Kurzkonzept für die Szenografie, das Festivalmagazin als Veranstaltungsdokumentation und vieles mehr.

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